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Aufstand in SyrierGefechte mit Deserteuren

Bei Artillerie-Attacken gegen die syrische Stadt Hama sterben mindestens 20 Menschen. Bei früheren Angriffen verletzte Journalisten sollen aus dem Land geschmuggelt worden sein.

Durch Granaten zerstörte Geschäfte in Idlib. Bild: dapd

DAMASKUS/BRÜSSEL dpa/afp | Mehr als 30 Menschen sollen am Dienstagmorgen von den Regierungstruppen und Deserteuren in Syrien getötet worden sein. Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad berichteten, die Armee habe die Ortschaft Halfaja nordwestlich der Stadt Hama mit Artillerie angegriffen. Mindestens 20 Menschen seien dabei ums Leben gekommen. Zahlreiche Opfer lägen noch unter den Trümmern ihrer Häuser.

Der bei einem Raketenangriff in der syrischen Rebellenhochburg Homs verletzte britische Fotograf Paul Conroy ist inzwischen in den benachbarten Libanon gebracht worden. Das sagte Conroys Vater am Dienstag britischen Medien.

Der freie Fotograf, der unter anderem für die Sunday Times arbeitet, war am vergangenen Mittwoch beim Beschuss eines als Pressezentrum der Rebellen genutzten Gebäudes in Homs verletzt worden.

Bei dem Angriff wurden die US-Kriegsreporterin Marie Colvin und der französische Fotograf Rémi Ochlik getötet. Ebenfalls verletzt wurde die französische Reporterin Edith Bouvier. Sie soll inzwischens aus Homs heraus geschmuggelt worden sein, berichtet Reuters.

Gefechte mit Deserteuren

Am Dienstag sollen in der seit Wochen belagerten Stadt Homs sechs Angehörige einer Familie bei einer Razzia ermordet worden sein, berichteten Regime-Gegner: Ein Mann und seine Ehefrau, drei Töchter und ein Sohn. Das Viertel Baba Amro werde von der Armee weiter beschossen.

Fünf Soldaten starben den Angaben zufolge bei einem Gefecht mit einem Trupp von Deserteuren in Dael (Provinz Daraa). Drei weitere Soldaten und mehrere Deserteure hätten Verletzungen erlitten. In der seit Wochen belagerten Stadt Homs seien sechs Angehörige einer Familie bei einer Razzia ermordet worden: Ein Mann und seine Ehefrau, drei Töchter und ein Sohn. Das Viertel Baba Amro werde von der Armee weiter beschossen.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete, am Vortag seien 16 Angehörige der Armee und der Sicherheitsbehörden zu Grabe getragen worden. Diese seien von "bewaffneten Terrorbanden" getötet worden. Nach Angaben der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sind in Syrien seit Beginn der Unruhen bereits mehr als 8.300 Menschen getötet worden.

Neue Sanktionen in Kraft getreten

Am Dienstag sind mit der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt auch die neuen Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien in Kraft getreten.

Dies bedeutet, dass ab sofort das Vermögen der syrischen Nationalbank in den EU-Staaten eingefroren ist. Der Handel mit Gold, Edelmetallen und Diamanten ist verboten. Untersagt sind auch Frachtflüge syrischer Fluggesellschaften nach Europa.

Die Sanktionen werden mit den "fortwährenden gewaltsamen Repressionen und Menschenrechtsverletzungen durch die syrische Regierung" von Präsident Baschar al-Assad begründet. Sie wurden von den EU-Außenministern am Montag beschlossen.

Vermögen eingefroren

Sieben Minister der syrischen Regierung erhielten Einreiseverbot in die EU, ihr Vermögen in der EU wird ebenfalls eingefroren. Dabei handelt es sich um die Minister Wael al-Halki (Gesundheit), Mansur Assam (Präsidialamt), Imad Sabuni (Kommunikation), Sufian Allau (Öl), Adnan Slacho (Industrie), Salih al-Raschid (Bildung) und Faisal Abbas (Verkehr).

Da zugleich eine Person von der bisherigen Liste mit Visa-Verboten gestrichen wurden, gelten nunmehr insgesamt 114 EU-Einreiseverbote für Syrer.

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4 Kommentare

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  • A
    Ant-iPod

    Ach Hari Seldon...

    zwar kann ich nicht für Thomas sprechen, aber:

     

    ich kann Ihnen 27 EU-Staaten, Australien, Neu-Seeland, die USA, Japan, Süd-Korea, Indonesien, Malaysia, Indien und Kanada nennen, wo Desertation nicht zu Verhaftungen und Misshandlungen der Familienangehörigen führt, wie es in Syrien oftmals der Fall ist.

    Zudem ist es in diesen Ländern nicht erforderlich, zu desdertieren, weil wir unsere sozialen Konflikte nicht dadurch austragen, dass wir Soldaten zwingen auf Ihre Verwandten und Nachbarn zu schießen - oder eben zu desertieren.

     

    Viele US-GI's wurden verhaftet und vor ein ordentliches Gericht gestellt - und mnicht erschossen - wenn sie bsw. nicht in den Irak, oder nach Afghanistan wollten. Jemanden polizeilich Dingfest zu machen und ihm ein ordentliches Verfahren angedeihen zu lassen, würde ich auch nciht als "bekämpfen" verstehen.

     

    Die Gewalt geht vom Regime aus, nicht von der Opposition. Stellt das Regime die Gewalt ein und leitet endlich ernst zu nehmende Reformen ein, wird die Opposition die Gewalt einstellen.

     

    Warum verteidigen Sie einen ruchlosen Diktator?

  • HS
    Hari Seldon

    @thomas:

     

    Bitte, könnten Sie uns nur ein einziges Land auf aller Welt auflisten, welches Deserteure (insbesondere bewaffnete Deserteure) nicht bekämpfen würde?

  • A
    Ant-iPod

    Neben diesen durchaus noch Ausbaufähigen Sanktionen würde mich einmal interessieren, was eigentlich aus dem Kraftwerksdeal der Firma Siemens geworden ist? Arbeiten diese Firmen dort weiter wie gehabt?

     

    Auch gibt es doch noch zwei Projekte vom Niebel-Ministerium, welche der Bevölkerung zu Gute kommen und nicht dem Regime... wie gestalten sich denn diese unter der momentanen Lage?

     

    Die Softwareverkäufe finde ich auch fraglich und es stellt sich die Frage, inwiefern man die Lizenz wieder entziehen kann?

    http://www.golem.de/1111/87709.html

    http://www.handelsblatt.com/technologie/it-tk/it-internet/gegen-regimegegner-syrien-setzt-spionage-software-ein/6237024.html

     

    Ich bin nicht sicher, ob Sanktionen reichen werden, um dem Blutvergießen ein Ende zu setzen... aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

    Ich bin auch nicht sicher, ob Sanktionen, die durch andere Maßnahmen konterkarriert werden, ein wirkliches Signal darstellen.

    Warum gibt es bsw. keine Seeblockade gegen Syrien um Munitionslieferungen zu unterbinden? Wenn Russland nicht bereit ist, im Sicherheitsrat dafür zu stimmen, wäre dies nun wirklich kein Präzedenzfall mehr: Die USA und auch die Sowjetunion haben in zahlriechen Beispielen bewiesen, dass sie den Sicherheitsrat nicht brauchen, wenn ihre Interessen im Spiel sind.

  • T
    Thomas

    "Sieben Minister der syrischen Regierung erhielten Einreiseverbot in die EU, ihr Vermögen in der EU wird ebenfalls eingefroren"

    Hoppla: Fasching ist vorüber: da führt eine Regierung Krieg gegen einen Teil ihrer Bevölkerung und die Welt schert sich keinen Deut drum. Diese "Sanktionen" sind ja nur lächerlich