Kritik an Studie über junge Muslime: Friedrich wird zum „Problemminister“

Verbände, Forscher und Politiker kritisieren die Studie über junge Muslime im Auftrag von Innenminister Friedrich (CSU). Dieser werde zum Problem für die Bundeskanzlerin, kritisiert die SPD.

Bei Friedrich sehen viele rot. Bild: dpa

BERLIN dapd | Religionsvertreter, Forscher und Verbände laufen Sturm gegen die vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebene Studie über die Integrationsbereitschaft junger Muslime. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, bezeichnete die Erhebung als „puren Populismus“.

Von der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, musste sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Freitag den Vorwurf gefallen lassen, er leiste Diskriminierung Vorschub. Friedrich sei eine „Belastung für das Zusammenleben unterschiedlicher Religionen“, sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Er werde zum „Problemminister“ von Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Der am Donnerstag veröffentlichten Studie „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ zufolge sind fast die Hälfte der nichtdeutschen Muslime unwillig, sich zu integrieren. Knapp ein Viertel der Muslime mit deutschem Pass zeigt diese Tendenz ebenfalls. Dies geht aus Befragungen der Forscher von 2009 bis 2011 hervor. Friedrich nannte die Zahl Unwilliger „überraschend hoch“ und zeigte sich besorgt. Unterdessen hob ein Regierungssprecher hervor, dass die „überwältigende große Mehrheit“ der Muslime bereits sei, sich zu integrieren.

„Billige Schlagzeile“

Friedrich sei nach dem Produzieren einer „billigen Schlagzeile über die angebliche Integrationsunwilligkeit“ schon wieder zurück gerudert und wolle die Studie nun differenziert betrachten, sagte Steinmeier. Mit seiner ersten Reaktion habe er jedoch einen offenen Widerspruch zur Politik der Kanzlerin produziert, die dafür werbe, dass Menschen muslimischen Glaubens zu uns gehörten.

Auch der Kriminologe Christian Pfeiffer reagierte verärgert und kritisierte die Erhebung als nicht repräsentativ. „Wenn wir den Muslimen bereits als Grundschüler die Hand reichen, landen sie auch nicht in der Ecke der Frustrierten, wo sie sich hinter der Religion verschanzen“, sagte Pfeiffer der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Eine kritische Zahl der Muslime zeigt der Studie zufolge Tendenzen zu radikalem Denken: Vier Prozent der deutschen und 14 Prozent der nichtdeutschen Muslime besuchten häufig oder sehr häufig fundamentalistische Seiten im Internet. Jedoch stellten die Autoren klar, dass Muslime sich meist dann radikalisierten, wenn sie den Bezug zu ihrer Herkunft verlören und zugleich nicht von der neuen Gesellschaft aufgenommen würden.

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