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Archiv-Artikel

Pfarrer mit Jeansweste

Die Friedensgebete begannen Anfang der 80er – sie führten zum Sturz des SED-Regimes

Was macht ein Revolutionär im Ruhestand? Im Fall von Christian Führer: weitermachen. Nachdem der berühmte Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche vor rund fünf Jahren in Rente ging, schrieb er unter anderem ein Buch und gründete eine Stiftung. Heute wird Christian Führer, der mit seinen Friedensgebeten die friedliche Revolution im Herbst 1989 mit anstieß, 70 Jahre alt.

„Die erste große Veränderung in den vergangenen fünf Jahren war der Umzug“, erzählt Führer. 28 Jahre lang hatte er auf der Kanzel der Nikolaikirche gepredigt, auf dem Kirchhof Mahnwachen abgehalten – und in der nahe liegenden Dienstwohnung mit der Familie gelebt.

Führer – stets mit Jeansweste bekleidet – war nicht nur in Deutschland einer der bekanntesten Pfarrer. Geboren 1943 in Leipzig, wuchs er in einer Pfarrersfamilie auf. Nach dem Abitur studierte er Theologie in Leipzig. Danach arbeitete der evangelische Seelsorger unter anderem im sächsischen Colditz, bevor er 1980 an die Nikolaikirche kam. Anfang der 80er startete Führer die sogenannten Friedensgebete, die zu einer wöchentlichen Einrichtung wurden. Sie gelten als Initialzündung für die großen Montagsdemonstrationen, die das Ende der SED-Herrschaft einläuteten.

Doch auch nach der friedlichen Revolution blieb Führer als Pfarrer an der Leipziger Nikolaikirche und setzte sich bei seinen Montagsdemonstrationen für soziale Belange ein. Zu den Anti-Irak-Krieg-Protesten kamen im Jahr 2003 bis zu 40.000 Menschen. Die Mahnwachen 2006 für die beiden im Irak entführten Ingenieure wurden sogar im arabischen Fernsehen übertragen.

Dieser Trubel gehört nun der Vergangenheit an. „Stille und Ruhe gab es aber bis jetzt noch nicht“, sagt er. Es schrieb ein Buch, gründete eine Stiftung. Trotz all der Umtriebigkeit – Pläne für die kommenden Jahre hat er noch nicht gemacht. „Ich habe keinen Fünfjahresplan. Mit 70 kommt man ja auch zum ersten Mal an die biblisch angezeigte Grenze“, sagt er. Dennoch sieht er seinen Geburtstag gelassen. „Ich habe die Geburtstage immer sehr fröhlich erlebt, in dem Sinne, dass ich richtig froh war, wenn wieder ein Jahr geschafft war.“ Ein kompletter Rückzug kommt für ihn jedenfalls nicht infrage. „Ein christlicher Mensch ist immer ein politischer Mensch“, sagt Führer. „Sich herauszuziehen aus der Wirklichkeit, das würde ich für unangemessen halten.“ (epd)