piwik no script img

Archiv-Artikel

Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Der Name Flick ist heute verblasst. Dabei war Friedrich Flick (1883–1972), hochgeachteter Industrieller der Bundesrepublik, Hitlerunterstützer und in Nürnberg verurteilter Kriegsverbrecher, einmal eine Art Wirtschaftsführer neuen Typs, der wie kein anderer vor ihm verstand, die Interessen seines Konzerns mit der Politik zu verflechten. Verflechtungen, an denen sich auch exemplarisch die fatalen Zusammenhänge von Kapitalismus und Demokratie erzählen lassen. „Capital Politics“ heißt der neue dokumentarische Theaterabend von Hans-Werner Kroesinger, der am Donnerstag im HAU 3 Premiere hat und sich noch einmal der Symbolfigur des deutschen Kapitalismus, Friedrick Flick, nähert. „Hass“ ist ein französischer Spielfilm von Matthieu Kassovitz, der Mitte der 90er-Jahre als minutiöses Porträt dreier Jugendlicher aus den Pariser Banlieus beeindruckte, wo das Leben von Gewalt und Drogen geprägt ist. Die jungen Berliner Theatermacher Tamer Ygit und Branka Prlic, deren letztes Stück „Ein Warngedicht“ gerade mit dem Brüder-Grimm-Preis ausgezeichnet wurde, adaptieren den Film für ihr neuestes Projekt, das am Mittwoch im HAU 2 herauskommt. In der Volksbühne versucht sich der bulgarische Regisseur Ivan Panteleev mit Hilfe von Samuel Finzi und Sir Henry ab heute an der Adaption eines Essays für das Theater. Und zwar nicht irgendeines Essays, sondern David Foster Wallaces so bösartiger wie schmerzhafter Bericht über ein Hummerfest im US-Bundesstaat Maine „Am Beispiel des Hummers“. Dieser letzte zu Lebezeiten des Ende 2008 durch Selbstmord ums Leben gekommenen Schriftstellers erschienene Text ist nicht nur ein Versuch über Kultur und Schmerz, sondern lässt die barbarischen Aspekte des Hummerkonsums auch zum Exempel für die barbarische Zivilisation an sich werden.

■ „Capital Politics“: HAU 3, ab Do

■ „Hass“: HAU 2, ab MI

■ „Am Beispiel des Hummers“: Prater der Volksbühne, ab heute