Club of Rome stellt Bericht vor: Das Ende ist nahe
Der Club of Rome legt nach 40 Jahren einen neuen Bericht vor: In 20 Jahren ist Schluss mit dem ewigen Aufschwung in den Industrieländern.
BERLIN taz | Bereits in wenigen Jahren müssen Industrieländer wie Deutschland im Wesentlichen ohne Wirtschaftswachstum auskommen. Das ist eine zentrale Aussage des neuen Berichts des Club of Rome, den das internationale Wissenschaftler-Gremium am Montag unter dem Titel „2052 – eine globale Vorausschau“ veröffentlichte. Ab etwa 2030 könnte das Bruttoinlandsprodukt stagnieren.
Bekannt wurde der Club of Rome durch seinen mittlerweile berühmten Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972. Die damalige, inzwischen falsifizierte These lautete: Weil die natürlichen Bodenschätze schnell zur Neige gingen, bräche die marktwirtschaftliche Expansion der Weltökonomie bald zusammen. In dem nun erschienenen Werk versucht Autor Jorgen Randers die alten Thesen auf den Stand der Dinge zu bringen.
Randers zeichnet für den neuen Bericht alleine verantwortlich, teilweise benutzt er die ungewöhnlich Ich-Form. Der 66-jährige Autor arbeitet als Professor an der Norwegian Business School in Oslo. Er ist Spezialist für Klimapolitik, saß früher unter anderem im Vorstand des World Wide Fund for Nature (WWF) und ist Nachhaltigkeitsberater für mehrere transnationale Konzerne, darunter Dow Chemical.
Die Ersten werden die Letzten sein
Randers Voraussagen klingen ernüchternd für eine Gesellschaft wie die deutsche, die permanentes Wirtschaftswachstum als Garant materiellen Wohlstands betrachtet. „Der erstaunlichste Verlierer wird die augenblickliche globale ökonomische Elite sein“, sagte Randers bei der Vorstellung seines Berichts. Zu diesen Ländern zählt er neben den USA die Industriestaaten der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD). Deutschland wird dabei lediglich summarisch als Teil der OECD behandelt.
Die These des Berichts „Die Grenzen des Fortschritts“ des Club of Rome aus dem Jahr 1972 war so einfach wie besorgniserregend. Noch im damals zu Ende gehenden 20. Jahrhundert werde der Wachstumsprozess, den die Welt für ganz normal halte, zum Stillstand kommen und in eine Schrumpfung übergehen. Infolge der steigenden Ausbeutung würden weltweit die Rohstoffvorräte abnehmen und die Preise steigen. In Kombination mit der wachsenden Umweltverschmutzung führe dieser Prozess dazu, dass die Nahrungsmittel- und Industrieproduktion künftig nicht mehr zulege, sondern abnehme.
Bis zum Jahr 2030 werde das BIP-Wachstum nur noch 15 Prozent betragen, im Durchschnitt pro Jahr und Land weniger als ein Prozent. Ab 2030 dann geht die absolute Wirtschaftswachstumskraft zurück. Als Grund nennen Randers und seine Kollegen die Abnahme der Bevölkerungszahl in Ländern wie Deutschland und geringere Produktivitätssteigerungen in „reifen Volkswirtschaften“. Weil dort technische, soziale und kulturelle Dienstleistungen im Verhältnis zur Produktion zunähmen, sei mit geringeren Innovationssprüngen und weniger Wohlstandszuwachs zu rechnen.
Angesichts der sinkenden Bevölkerungszahl könne zwar, so Randers, die Wirtschaftsleistung pro Kopf der Bevölkerung ab 2030 mit 27.000 Euro pro Person ungefähr gleich bleiben, allerdings würden Staaten wie Deutschland auch viel mehr Geld in Zukunftsinvestitionen, beispielsweise in klimaschonende Energietechniken, stecken.
Alle müssen bescheidener leben
Daher stünden unter dem Strich weniger Mittel für den täglichen Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen zur Verfügung. Die vielleicht interessanteste Grafik des Berichts zeigt, dass die Konsum-Kurve in OECD-Ländern ab 2025 sinkt. Die Botschaft: Alle müssen bescheidener leben – wenn es einigermaßen gerecht zugehen soll. Wenn sich weiter einzelne Bevölkerungs- und Interessengruppen ein überdimensioniertes Stück aus dem Kuchen herausschneiden, könnte es zu heftigen Konflikten kommen.
China und andere Schwellenländer wie Indien, Brasilien, Indonesien und Südafrika können dagegen ihr Wachstum noch länger aufrechterhalten. 2052 wird China ein ähnliches Pro-Kopf-BIP erreicht haben wie die OECD.
Im Gegensatz zu verbreiteten Annahmen wird die Weltbevölkerung Randers zufolge nur noch auf 8,1 Milliarden Menschen um das Jahr 2040 herum zunehmen. Er begründet das mit sinkenden Geburtenraten vor allem in den wachsenden Städten. Dagegen geht etwa das Berlin-Institut für Bevölkerung dann von bis zu elf Milliarden Menschen aus.
Trotz vielfältiger weltweiter Maßnahmen gegen den Klimawandel werde die globale Temperatur bis 2050 um zwei Grad steigen, heißt es in dem Bericht. Auch danach gehe der Anstieg weiter – auf bis zu 2,8 Grad 2080. Gegenlenken sei laut Randers schwer – unter anderem wegen der kurzfristigen Orientierung der Politik an Wahlterminen und der Wirtschaft an Gewinnen.
Leser*innenkommentare
Juergen K.
Gast
Sprechen
CDU CSU SPD und FDP deswegen immer von Wachstum ?
Wird Deutschland und Europa jetzt römisch dekadent ?
Oder nur die Unterschicht,
die Tafel und Suppenküchengänger ?
Der Heinz
Gast
"Alle müssen bescheidener leben – wenn es einigermaßen gerecht zugehen soll." - so ein traumtänzer!
das wird lustig, wenn in 20 jahren das vom club of rome beschriebene eintritt und mit dem pflegenotstand und den massenhaften anträgen auf soziale grundsicherung extreme ausgaben dazukommen. vielleicht ist bis dahin der spritpreis, warum auch immer, so extrem teuer geworden, dass mieten und andere essentielle dinge unbezahlbar geworden sind. spätestens dann wird es sehr, sehr ungemütlich im lande werden.
brikan
Gast
wer möchte aus meinem Kaffeesatz lesen???
Niemand weiß was morgen ist.Ist denn der Kampf der Kulturen mit eingerechnet? Lenin sprach damals von der gelben Gefahr,ja wann denn.???
Karl-August
Gast
Tja, liebe Linke. Wie es aussieht müsst ihr euch ab 2030 auf einen dauerhaften Austeritätskurs a la Merkel einstellen. Aber bis es soweit ist, dürft ihr noch eure sozialistischen Helden feiern, die mit Hilfe neuer Schulden aus Krisen "rauswachsen" wollen.
André Reichel
Gast
Es ist nicht richtig, dass in "Limits to growth" (LtG) behauptet wurde, das Versiegen endlicher Ressourcen werde den Kollaps auslösen. Die Ressourcen sind nicht der limitierende Faktor, die immer aufwändigeren Investitionen in Ressourcenextraktion stellen die kritische Größe dar. Dies führt dazu, dass Kapital aus anderen Bereichen (Industrie- und Nahrungsmittelproduktion) umgelenkt werden muss. Ab einem "tipping point" brechen dann Industrie- und Nahrungsmittelproduktion ein, während die Umweltverschmutzung durch immer umweltschädlichere Ressourcenextraktion dramatisch ansteigt. Zusammen senkt das die Lebensqualität deutlich, die Bevölkerung bricht danach zusammen. Das ist die Logik im sogenannten Welt3-Modell. Empirische Überprüfungen von Graham Turner (CSIRO, Australien) haben zudem gezeigt, dass die realen Daten der letzten 30 Jahre sich genauso entwickeln, wie das Standardszenario in LtG. Das zeigt einen Kollaps aller Größen um das Jahr 2030 herum.
KlausK
Gast
Bloß keine Panik. Alles halb so schlimm, denn
das kann noch warten mit der Einsicht!
So lange Konzerne wie (ausgerechnet) BMW für Nachhaltigkeit ausgezeichnet werden, kann es noch dauern.
Armin Ulrich
Gast
"Bekannt wurde der Club of Rome durch seinen mittlerweile berühmten Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972. Die damalige, inzwischen falsifizierte These lautete: Weil die natürlichen Bodenschätze schnell zur Neige gingen, bräche die marktwirtschaftliche Expansion der Weltökonomie bald zusammen."
Danke liebe TAZ für so viel offenheit. Es ist damit auch klar, daß wir den neuen Thesen des CoR mit (Klima)-Skepsis begegnen werden.
André Reichel
Gast
Es ist nicht richtig, dass in "Limits to growth" (LtG) behauptet wurde, das Versiegen endlicher Ressourcen werde den Kollaps auslösen. Die Ressourcen sind nicht der limitierende Faktor, die immer aufwändigeren Investitionen in Ressourcenextraktion stellen die kritische Größe dar. Dies führt dazu, dass Kapital aus anderen Bereichen (Industrie- und Nahrungsmittelproduktion) umgelenkt werden muss. Ab einem "tipping point" brechen dann Industrie- und Nahrungsmittelproduktion ein, während die Umweltverschmutzung durch immer umweltschädlichere Ressourcenextraktion dramatisch ansteigt. Zusammen senkt das die Lebensqualität deutlich, die Bevölkerung bricht danach zusammen. Das ist die Logik im sogenannten Welt3-Modell. Empirische Überprüfungen von Graham Turner (CSIRO, Australien) haben zudem gezeigt, dass die realen Daten der letzten 30 Jahre sich genauso entwickeln, wie das Standardszenario in LtG. Das zeigt einen Kollaps aller Größen um das Jahr 2030 herum.
Marvin
Gast
Wer ist der Club of Rome?
Und warum sind seine Statistiken grundsätzlich falsch?
Die Antwort bietet:
Jutta Ditfurth - "Worum es geht", Flugschrift
___
Magelser
Gast
"Die damalige, inzwischen falsifizierte These lautete: Weil die natürlichen Bodenschätze schnell zur Neige gingen, bräche die marktwirtschaftliche Expansion der Weltökonomie bald zusammen." - geben Sie's zu, Koch, Sie haben den ursprünglichen Bericht überhaupt nicht gelesen. Dort wurden verschiedene Szenarien diskutiert, wie sich die Welt hinsichtlich Bevölkerung, Umweltverschmutzung, Wirtschaftsleistung usw. in der Zukunft entwickeln könnte, und was Sie da als These behaupten, steht nirgendwo. Wer die verschiedenen damaligen Szenarien mit der tatsächlichen Entwicklung seitdem vergleichen will, findet hier die nötigen Daten: http://www.csiro.au/files/files/plje.pdf. Wie man sieht, liegen wir ganz gut im "Standard Run", dem Modell, dass seinerzeit unter der Voraussetzung durchgerechnet wurde, dass keine wesentlichen Änderungen der üblichen Wachstumspolitik erfolgen würden.
Horsti
Gast
"In 20 Jahren ist Schluss mit dem ewigen Aufschwung in den Industrieländern"??
Das hat der Club of Rome vor 40 Jahren auch schon behauptet...
reblek
Gast
"Bereits in wenigen Jahren müssen Industrieländer wie Deutschland im Wesentlichen ohne Wirtschaftswachstum auskommen." - In der Tagesschau vom 07.05.12 hat eine Frau Roth von einer sogenannt Grünen Partei als besonderes Verdienst des Franzosen Hollande hervorgehoben, dass er "für Wachstum" eintritt. Treffender konnte die Dame nicht mitteilen, dass es für ihre Partei keine Existenzberechtigung mehr gibt, außer Pöstchen für ihre Mitglieder zu besorgen.
Peter Claas
Gast
Na ja, hört sich ja gar nicht mal so schlecht an. Länder gleichen sich an, Wirtschaftsleistung (monetär) pro Person bleibt in etwa gleich - durch Produktivitätswachstum wird es evtl. sogar noch etwas mehr und durch Bevölkerungsschwund hat man auch in Deutschland ordentlich Platz für seinen eigenen Acker. Eigentlich ein tolles und optimistisches Szenario und bietet Chancen auf ein ordentliches Wachstum der Lebensqualität, hier und in Entwicklungsländern.
Udo Henn
Gast
Diese Kaffeesatz-Prognosen werden sich genauso wenig erfuellen wie die von 1972. Wer bezahlt diesen Unsinn eigentlich?