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Archiv-Artikel

portrait Mit dem Leben davongekommen

Bis gestern dachte Robin Lovitt, dies sei sein endgültig letzter Tag. Seine Hinrichtung wäre die 1.000 Exekution seit Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA gewesen. Seit März 2000 wartete der Schwarze im Todestrakt auf seine Hinrichtung. Schon einmal, im Juli, war sie im letzten Moment aufgeschoben worden. Nun hat der Gouverneur des Staates Virginia, Mark Warner, ihn begnadigt. Das Todesurteil wurde in lebenslange Haft ohne Begnadigung umgewandelt.

Lovitt war wegen eines 1998 begangenen Raubmordes an dem Spielhallenmanager Clayton Dicks in Arlington zum Tode verurteilt worden. Seine Schuld konnte jedoch nicht eindeutig bewiesen werden. Der Angeklagte selbst hat den Mord immer wieder abgestritten. Entscheidende Beweismittel wurden von einem Gerichtsangestellten, angeblich versehentlich, vernichtet. Aus Platzmangel wurden Beweisstücke nicht aufbewahrt. Schuld oder Unschuld konnten nicht mehr ermittelt werden, da die Blutspuren auf der Schere, mit der das Opfer getötet wurde, nicht mehr für weitere DNA-Tests zur Verfügung standen. Augenzeugen konnten Lovitt ebenfalls nicht eindeutig als Täter identifizieren. Im Juli dieses Jahres wurde die Hinrichtung schon einmal kurz vor ihrer Vollstreckung gestoppt. Grund dafür waren ebenfalls die Verfahrensfehler der Justiz.

Gegen ihn spricht, dass er in der Nähe des Tatorts mit der Kasse aufgegriffen wurde. Lovitt, der damals in der Spielhalle angestellt war, erklärte, er habe sich während der Tat im Toilettenraum aufgehalten und nur den Raub, nicht aber den Mord begangen. Die Anklage unterstellte, dass Lovitt die erbeuteten 200 Dollar gebraucht habe, um Drogen zu kaufen.

Lovitt, der 1963 geboren wurde, soll in seiner Kindheit von seinem drogen- und alkoholabhängigen Stiefvater misshandelt und sexuell missbraucht worden sein. Seine „kriminelle Karriere“ hat möglicherweise schon im Alter von elf Jahren begonnen. Vor der Tat hatte erschon mehrere Drogenentziehungskuren hinter sich gebracht.

Amnesty International hat wiederholt auf Lovitts Fall aufmerksam gemacht und protestiert. Auf der Internetseite des Vereins Alive – Koalition gegen die Todesstrafe in den USA hat auch Robin Lovitt einen Steckbrief. Hier heißt es, er schreibe Gedichte, lese viel und hätte gerne die Gelegenheit zu kochen und Rezepte auszutauschen. Darüber hinaus lese er die Bibel und sei sehr am Glauben der Menschen interessiert. Es wäre schön, wenn ihn jemand besuchen käme, aber er sei auch schon glücklich, wenn überhaupt jemand schreibt.

MIRJAM MEINHARDT