Äthiopiens Premierminister Zenawi: Der unsichtbare starke Mann
Wo ist Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi? Der Politiker wurde seit sieben Wochen nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen, angeblich geht es ihm gut.
Mal ist er tot, mal in Urlaub, mal auf dem Weg der Besserung – die Spekulationen über Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi (57) nehmen kein Ende. Seit sieben Wochen wurde der autoritäre Machthaber nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Immerhin fand sich Regierungssprecher Bereket Simon jetzt zu einer minimalen Auskunft bereit: Der Regierungschef sei in guter Verfassung und auf dem Weg der Besserung, sagte er der BBC. Es sei „nicht hilfreich“, mehr Details zu nennen.
Am Tag zuvor hatte der oppositionelle äthiopische Satellitensender Esat Zenawis Tod gemeldet. Der Sender berief sich auf die International Crisis Group (ICG). ICG dementierte umgehend. Da hatte sich das Gerücht aber schon weltweit verbreitet, Äthiopiens starker Mann sei tot.
Ihren Anfang nahmen die Spekulationen, als Meles Mitte Juli dem Gipfel der Afrikanischen Union (AU) in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba fernblieb, obwohl er Gastgeber war. Da fiel auf, dass er seit dem G-20-Gipfel am 18. Juni in Mexiko nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen wurde. Während des AU-Gipfels hatte sich Regierungssprecher Simon nur entlocken lassen, Meles sei krank. Die Wochenzeitung Feteh, die wenig später über Meles’ Krankheit schrieb, wurde prompt verboten.
Laut Verfassung müsste Vizepremier Hailemariam Desalegn die Amtsgeschäfte führen, falls Meles ausfällt. Als möglicher Nachfolger wird aber eher Außenminister Hailemariam Desalegn genannt.
Meles wurde am 8. Mai 1955 in der Region Tigray als Sohn eines Kleinbauern geboren und studierte Medizin, bis er sich dem bewaffneten Widerstand gegen den sozialistischen Militärdiktator Mengistu Haile Mariam anschloss. Zenawi wurde Mitglied der Tigray-Volksbefreiungsbewegung, TPLF, die später mit anderen Organisationen zur Revolutionären Demokratischen Front des Äthiopischen Volkes, EPRDF, verschmolz.
Die stürzte 1991 mit Waffengewalt das sozialistische Mengistu-Regime und ist seither Regierungspartei unter Meles. Seitdem hat sich das langjährige Bürgerkriegs- und Hungerland Äthiopien zu einem wirtschaftlichen Aufsteiger und US-Verbündeten in Afrika gemausert.
Leser*innenkommentare
Jonas
Gast
köstlich, welch tragische Komödie. Last es mich prophezeien. Äthiopien zerbricht in Ost ,West und Nord. Dies ist eine Folge des Versuchs der äußeren Mächte, bei dem äthiopischen Volk das wiedergutzumachen, was sie dem Kontinent über Jahrhunderte angetan hatten.
War nur so ein Gedanke! In zehn Jahren wissen wir es.
Ingrid Hartmann
Gast
und wenn Bereket was sagt, dann stimmt das auch immer?
Simone Kaul
Gast
Auch wenn die Äthiopier umgekehrt mit unserem Namenssystem Probleme haben, finde ich, dass in einem Artikel über äthiopische Politiker die Namen richtig angewendet werden sollten. Meles Zenawi ist Ato (Herr) Meles oder Premierminister Meles, oder eben Meles. Es gibt keinen äthiopischen Prmierminister mit dem Namen Zenawi! ÄthiopierInnen bekommen einen persönlichen Namen (Meles), angehängt wird der persönliche Name des Vaters (Zenawi). Kinder von Herrn Meles heißen Sowieso Meles. Sorry, wenn das korinthenkackerisch erscheinen mag! :-)
Wilhelmine
Gast
Schön, dass die Frage nach dem Verbleib Meles Zenawis in der taz einen Platz findet. Wenn Ihr aber schon etwas Hintergrundinfos gebt über Meles, darunter über den wirtschaftlichen Aufschwung und die "politische Stabilität" in seiner Amtszeit, dann vergesst doch bitte nicht auch die Abertausenden Opfer von Polizei und Militär, die Massenfestnahmen von Oppositionellen, die nchtexistente Pressefreiheit etc. pp. Rot-Grün hat es vorgemacht, die CDU-FDP-Regierung auch, aber die taz sollte bei einer Schönfärberei eines durch und durch autoritären Regimes nicht auch noch mitmachen!