: Bitte! Mehr Pils
Westfälische Abgeordnete gewinnen Vorstandswahlen in der SPD-Bundestagsfraktion. Acht von 22 Fachsprechern kommen aus dem Landesteil – der neue Landesgruppenchef Rolf Stöckel ebenfalls
VON MARTIN TEIGELER
Westfalen haben das Sagen in der SPD-Bundestagsfraktion. Bei den Vorstands- und Sprecherpostenwahlen in dieser Woche setzten sich überproportional viele Sozialdemokraten aus dem Landesteil durch. Im Anschluss an die Regierungsbildung werden im Bundestag traditionell die FachsprecherInnen gewählt. Von 22 Sprecherposten gingen acht an Abgeordnete aus Westfalen. Dieter Wiefelspütz aus Hamm ist innenpolitischer Sprecher, Dagmar Freitag (Iserlohn) ist zuständig für Sport. Die weiteren SPD-Experten (Herkunftsort und Themengebiet): Christel Humme (Witten, Familie), Rainer Wend (Bielefeld, Wirtschaft), Klaus Brandner (Gütersloh, Arbeit), Marco Bülow (Dortmund, Umwelt), Christoph Strässer (Münster, Menschenrechte) und Axel Schäfer (Bochum, Europa).
„Das war schon ein westfälischer Durchmarsch. Wir achten aber auf Vielfalt statt Einfalt“, sagte der Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer. Zwischen Regionen und politischen Richtungen sei bei den Wahlen ein guter Kompromiss gefunden worden. Der Bochumer hatte sich in einer Kampfabstimmung klar durchgesetzt, obwohl die Fraktionsführung eine andere Kandidatin für die Europapolitik vorgeschlagen hatte. Für einen Rheinländer lief die Wahl dagegen nicht reibungslos. Der frisch gewählte Kölner Abgeordnete Karl Lauterbach scheiterte bei der Wahl zum gesundheitspolitischen Sprecher.
Neuer Landesgruppenchef des mit 54 Parlamentariern größten Blocks in der SPD-Fraktion ist dagegen wiederum ein Westfale. Der Bundestagsabgeordnete Rolf Stöckel (48) setzte sich bei der Wahl mit 29 zu 18 Stimmen gegen die Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag aus dem Märkischen Kreis durch. Die favorisierte Parteilinke Ulla Burchardt aus Dortmund hatte nicht für Landesgruppenvorsitz kandidiert, nachdem sie in der vergangenen Woche den Vorsitz im Bildungsausschuss des Bundestags übernommen hatte.
Stöckel tritt damit die Nachfolge des Westfalen Hans-Peter Kemper (Kreis Borken) an, der nicht wieder für den Bundestag kandidiert hatte. Der Familienvater Stöckel ist dem zentristischen „Netzwerk“ in der SPD zuzuordnen. Als Mitherausgeber der SPD-Zeitschrift Berliner Republik hatte er in den vergangenen Jahren den Reformkurs von Gerhard Schröder unterstützt. Er wolle sich auch künftig besonders für die Schwachen in der Gesellschaft einsetzen, so der Sozial- und Jugendpolitiker Stöckel, der sich als „Vertreter aus der Herzkammer der Sozialdemokratie“ bezeichnete.
Dass Stöckel auch die taktischen Winkelzüge seiner Partei nachzuvollziehen vermag, bewies er während des Machtkampfs zwischen SPD und CDU nach der Bundestagswahl. Kurz nach dem 18. September antwortete er auf die Frage, ob er bereit sei, Angela Merkel zur Bundeskanzlerin zu wählen: „Nein, weil ihr dazu die Fähigkeiten, die Glaubwürdigkeit und die Mehrheit der Koalition fehlt, für die sie im Wahlkampf gestanden hat. Der Wählerwille war hier ja auch eindeutig.“ Einige Tage später, nach dem Verzicht von Gerhard Schröder auf das Bundeskanzleramt sagte Politprofi Stöckel dann routiniert: „Es war doch klar, dass man sich irgendwann einigen musste.“