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Archiv-Artikel

Neonazis rücken zusammen

Teile der Hooliganszene verbünden sich mit Rechtsextremisten, so der Verfassungsschutz. Insgesamt werden Rechte gewaltbereiter. Neuer NPD-Landeschef hat Verbindungen in die militante Szene

von PLUTONIA PLARRE

Die Anhänger von rechtsextremistischen Organisationen und Gruppierungen rücken enger zusammen – die Szene strukturiert sich um und wird gewalttätiger. Auf dieses Fazit lässt sich der Bericht bringen, den die Chefin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, gestern im parlamentarischen Verfassungsschutzausschuss vorstellte. Was auffällt, ist, dass sich inzwischen auch Hooligans neonazistisch betätigen und Rechtextremisten bei Fußballspielen auffällig werden. Bislang hatten diese Gruppierungen eher getrennt voneinander agiert. „Hier müssen wir ganz besonders aufpassen“, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern.

In der Vergangenheit waren der polizeiliche Staatsschutz und der Verfassungsschutz davon ausgegangen, dass die rund 1.200 Berliner Hooligans politisch eher „freischwebend“ agierten. Die Zuordnung der Behörden erfolgte über den Fußballverein, dessen Fan sie waren, sowie über die Kategorie ihrer Gewaltbereitschaft. In der so genannten Sporttäter-Datei des Landeskriminalamts sind rund 300 Hooligans unter der Kategorie C als gewaltsuchend, sprich besonders gefährlich, eingestuft. 900 gehören zur Kategorie B, das heißt gewaltbereit.

Von rund 50 Hooligans ist dem Verfassungsschutz nun bekannt geworden, dass sie bei Aktionsgemeinschaften von rechtsextremistischen Kameradschaften mitmischen. Umgekehrt beteiligen sich 150 Rechtsextremisten an Ausschreitungen am Rande von Fußballspielen. Konkrete Vereine nannte Körting nicht. Durch die Vermischung werde eine „starke Gewaltbereitschaft“ in rechtsextremistischen Demonstrationen hineingetragen, so der Innensenator.

Das Phänomen der zunehmenden Gewaltbereitschaft bei rechtsextremistischen Demonstrationen werde schon seit Anfang 2004 beobachtet. Ähnlich wie bei den Demonstrationen der linksextremistischen Szene würden Auflagen der Polizei missachtet und Durchbruchsversuche durch Polizeiketten unternommen, sagte Körting. Insgesamt gesehen sei das Problem Rechtsextremismus in Berlin aber ein „marginales“.

Laut Verfassungsschutz-Chefin Schmid werden den drei zurzeit aktiven Kameradschaften circa 40 Mitglieder zugeordnet, der Altersdurchschnitt beträgt 20 Jahre. Eine davon ist der Märkische Heimatschutz, der am 3. Dezember in Johannisthal und Niederschöneweide zu einer Demonstration aufruft. Den autonomen Anti-Antifa-Netzwerken, die bei Demonstrationen schwarze Blöcke bilden, werden 100 Anhänger zugeordnet. 220 weitere Rechtsextremisten, die mit ihren 40 und mehr Lebensjahren der älteren Generation zugerechnet werden, betätigten sich laut Schmid bei einschlägig bekannten Rechts-Rock-Musiknetzwerken. Der starke staatliche Verfolgungsdruck habe aber dazu geführt, dass kaum noch strafbare Titel auf den Markt kämen. „Es geht vor allem ums Geldverdienen.“ Von zentraler Bedeutung sei dabei das Label des Sängers der verbotenen Band „Landser“, Michael Regener. Regener sitzt zurzeit eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten ab.

Im organisierten Bereich sei die NPD die aktivste politische Kraft. Die Wahl des neuen Berliner NPD-Landesvorsitzenden Eckard Bräuniger wird vom Verfassungsschutz so gedeutet, dass die NPD und Neonaziszene enger zusammenrücken. Bräuniger gelte als gewaltbereiter Führungsaktivist. Er habe gute Kontakte zur Kameradschafts- und Musikszene sowie zur DVU, sagte Schmid.