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Archiv-Artikel

„Je älter, desto seltener“

VORSORGEN Wer sich eine kleine Katze oder einen Welpen kauft, sollte das Tier impfen lassen. Allerdings variieren die Kosten stark und nicht jede Spritze ist wirklich nötig

Impfen von Tieren

■ Über Tierimpfstoffe, die auf den Markt kommen dürfen, entscheidet das Paul-Ehrlich-Institut (PEI).

■ 68 Impfstoffe gibt es laut PEI derzeit beispielsweise für Hunde, 44 für Katzen und für Pferde sind es 35.

■ Impfungen empfiehlt die Ständige Impfkommission Vet für folgende Krankheiten: HCC (eine durch einen Virus hervorgerufene Leberentzündung von Hunden), Leptospirose (ansteckende Infektionskrankheit), Parvovirose (ansteckende Infektionskrankheit), Staupe (Viruserkrankung) und Tollwut.

■ 2010 wurden beim PEI 113 Impfnebenwirkungen bei Hunden und 64 bei Katzen gemeldet. Beim Menschen wurden dem Institut lediglich 13 Nebenwirkungen mitgeteilt.  AMA

VON AMADEUS ULRICH

Ein größeres Übel als die potenzielle Krankheit, die man bekämpfen will: So nennt Dieter Harsch das Impfen von Haustieren. Harsch ist Vorsitzender des Vereins Gesundheit und Impffreiheit für Tiere und er sagt, Ärzten und der Pharmaindustrie sei die Gesundheit der Tiere nicht wichtig, es zähle nur der Profit. Manche Tierärzte müsse man eigentlich mit Handschellen abführen, weil sie so viel Chemie in ihre vierbeinigen Patienten pumpen würden.

Das stimme so nicht, sagt die Tierärztin Astrid Behr vom Bundesverband praktizierender Tierärzte. Zwar seien Nebenwirkungen bei Impfungen möglich, „aber sie sind so selten, dass der Vorteil überwiegt“, sagt Behr. Impfungen seien notwendig, um lebensbedrohlichen Krankheiten, wie etwa dem Katzenschnupfen, vorzubeugen.

Auch Dirk Schrader, der seit 40 Jahren in Hamburg als Tierarzt arbeitet, nennt die Behauptung, die man besonders häufig im Internet findet, Impfungen seien generell schlecht für das Tier, „Quatsch“. „Jeder an durch einen Zeckenbiss an Borreliose erkrankte Hund, den ich behandelt habe, war nicht geimpft“, sagt er. Zwar prangert auch Schrader die Profitgier manch eines Tierarztes an, aber man könne über Tierimpfungen nicht pauschal urteilen. Besonders die Grundimmunisierung zum Beispiel eines Welpen sei sinnvoll, um Krankheiten wie Staupe (Viruserkrankung), Parvovirose (Infektion) und Hepatitis vorzubeugen. Die Meinungen über Tollwut gehen indes auseinander: Deutschland ist zwar kein Krankheitsgebiet, aber der Bundesverband praktizierender Tierärzte empfiehlt dennoch, sein Tier gegen Tollwut impfen zu lassen.

Allerdings sei es übertrieben, die Impfungen jedes Jahr auffrischen zu lassen. „Je älter es ist, desto seltener sollten Sie Ihr Tier impfen lassen“, sagt Schrader, denn der Impfschutz der Grundimmunisierung bleibe recht lange erhalten. Nur herrsche in Deutschland eine Art „Psychoterror“, der Besitzer mit ihren Haustieren jedes Jahr zur Impfung beim Arzt rennen ließe – geschürt von der Pharmaindustrie. Schrader weiß von Tierärzten, die den Tierbesitzern jedes Jahr Postkarten schicken, um sie daran zu erinnern, dass das Tier doch bald wieder geimpft werden müsse. „Das ist eine reine Money-Making-Machine“, sagt Schrader.

Ein Problem ist auch, dass Tierärzte recht frei entscheiden können, wie viel Geld sie für eine Impfung verlangen. Zwar orientieren sie sich an der Gebührenordnung für Tierärzte, aber den Mindestsatz von 30 Euro für eine Impfung können sie verdoppeln oder verdreifachen. „Wir kaufen die Impfstoffe für zwei Euro ein und manche verkaufen sie dann für 85 Euro an die Tierhalter“, sagt Schrader. Das heißt für Tierbesitzer: Wenn ein Tierarzt viel mehr als den vorgeschriebenen Mindestsatz von 30 Euro für eine Impfung verlangt, sollte man sich einen anderen Arzt suchen. Schrader glaubt, dass rund 70 Prozent der Tierarztpraxen in Deutschland schließen müssten, wenn Tierbesitzer nicht so unter Druck gesetzt würden, ihr Tier einmal im Jahr impfen zu lassen und die Kosten dafür nicht so hoch wären.

Ebenso wichtig für den Aufbau eines starken Immunsystems des Tieres – und darum geht es bei der Impfung – ist es, den Welpen nach der Geburt lange genug bei seiner Mutter zu lassen. Denn in der Muttermilch sind jene Antikörper enthalten, die das Tier braucht, um ein vollständiges und gesundes Immunsystem zu entwickeln, eine sogenannte natürliche Toleranz, die nicht zu früh von einer Impfung gestört werden sollte.

Die anschließende Qualität der Haltung und Aufmerksamkeit der jeweiligen Besitzer dürfe man auch nicht unterschätzen, raten Experten: Gassi gehen, knuddeln und auch mal für den liebsten Vierbeiner kochen sind für die Gesundheit Gold wert. „Wichtiger als die Impfung ist es, dass man seinem Tier keine Scheiße zu fressen gibt“, sagt Schrader. Dosenfutter lehnt er kategorisch ab. Von dem Futter hänge auch der Impfstatus ab. Aber ersetzen könne all das eine Impfung nicht.