Bremer SPD applaudiert Steinbrück: Das Zugpferd

Was die Bremer Genossen über ihren Spitzenmann denken.

Der Kandidat für ein soziales Deutschland hat für sich persönlich seine Wahl-Ziele erfolgreich umgesetzt. Bild: dpa

Ein Mann des Volkes, der mit Vorträgen Millionen verdient? Mit der Offenlegung seiner Nebenverdienste hat der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück Vertrauen schaffen wollen. Zwischen 2009 und 2012 bekam er insgesamt 1,25 Millionen Euro von Unternehmen wie der „Celebrity Speakers“, „J.P.Morgan Esset Management“ oder der Deutschen Bank. Standardhonorar: 15.000 Euro pro Auftritt. Ist das also der Mann, mit dem die Bremer SPD Wahlkampf für soziale Gerechtigkeit machen will?

„Jooaaaa“, heißt‘s von den Genossen. „Auch in der SPD darf und soll Geld verdient werden“, sagt SPD-Landesgeschäftsführer Roland Pahl trotzig. Wichtig sei nur, „dass dafür ordentlich gearbeitet wird und es richtig versteuert wird“. Und das sei ja wohl der Fall, sagt Pahl. Und richtig gearbeitet hat Steinbrück ja auch – 75 Reden in drei Jahren, ein wahrer Marathon.

Zwar war der SPD-Landesparteichef Andreas Bovenschulte eigentlich für Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidaten, aber:„Der stand ja gar nicht zur Verfügung“, so Pahl, es werde nun „solidarisch für die Partei Wahlkampf gemacht“. Gegessen, was auf den Tisch kommt.

Als „Hammer“ bezeichnet Carsten Sieling, Bundestagsabgeordnete der Bremer SPD, die Honorar-Liste seines Fraktionskollegen Steinbrück. Er habe „ziemlich gestaunt“, als er die Liste sah, so Sieling zur taz. Der Politprofi Sieling aber weiß sein Erstaunen zu lenken: „Den Unternehmen muss es ja sehr gut gehen, wenn sie Leute so honorieren“. Und daraus ergebe sich dann eben auch „die Aufforderung, eine Politik zu machen, die Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt.“ Mit Steinbrück als Kandidaten? „Das ist für ihn auch eine Herausforderung“, so Sieling. Er gibt sich diplomatisch: „Mein Eindruck ist, dass er viel begriffen hat.“

Viel begriffen also, seit er an der Agenda 2010 mitwirkte und als Bundesfinanzminister keine der sozialen Einschnitte zurücknehmen wollte. Die „Agenda 2010“, sagt die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Sarah Ryglewski, das sei „eine Sache, wo wir als SPD unsere Altlasten mit uns herumtragen.“ Die Debatte um den Erhalt des Rentenniveaus, um eine Steuer für Reiche – es seien „neue Ansichten vorhanden“, so Ryglewski. Sie rechnet durchaus damit, dass Leute an den Wahlkampfständen Steinbrücks Einkünfte ansprechen. Denen könne man ja erklären, dass es eine Ungleichverteilung von Einkommen in Deutschland gebe und die SPD die hohen Einkommen ja gerade besteuern will. „Das aber an einer Person festzuhalten, die für Vorträge, zugegebenermaßen, eine sehr hohe Summe Geld kriegt, da sehe ich nicht den Zusammenhang.“ Und außerdem: „Es ist nicht grundsätzlich unredlich, mit Vorträgen Geld zu verdienen“, so Ryglewski. Wichtig sei, dass man transparent und offen ist.

Daran arbeitet sie auch mit der Bremer SPD-Fraktion in der Bürgerschaft. Die Fraktion will einen Antrag einreichen mit dem Ziel, dass auf der Website der Bürgerschaft Nebenverdienste veröffentlicht werden müssen, auch Tantiemen von Aufsichtsgremien oder Vortragshonorare – freilich nur, wenn das in Zusammenhang mit dem Mandat steht, denn Bremen hat ein Halbtags-Parlament und was Abgeordnete privat verdienen, das soll wie bei allen Bürgern weiter unter Datenschutz stehen.

Ryglewski wird nicht viel veröffentlichen müssen, sie trat bislang umsonst auf. Anders als Carsten Sieling, der nach eigenen Angaben für eine Rede eine Flasche Wein berechnet.

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