Kleiner Wal, was nun?

ÖKOLOGIE Umweltschützer befürchten, dass der Schweinswal in der Ostsee ausstirbt. Über 150 Kadaver wurden 2008 wieder an den Strand gespült, die Hälfte davon soll in Netzen umgekommen sein

Der Schweinswal kann viel von sich halten: Immerhin war es Aristoteles, der bei der Sektion eines Exemplars entdeckte, dass Wale keine Fische sind, und der dem Kleinwal deshalb den Namen „Meerschwein“ gab.

Auch mit Katzen ist er schon in Verbindung gebracht worden: Weil er anders als seine hündisch zutraulichen Verwandten, die Delphine, von einem unbändigen Freiheitstrieb beseelt ist – in Haltung überlebt er im Schnitt nur einen Monat – und den Menschen meidet so gut er kann. So selten wird er gesehen, dass es kaum auffiele, gäbe es ihn gar nicht mehr.

Ein Aussterben der Schweinswale befürchten Umweltschützer nun vor allem für die Ostsee. Mehr als 150 Kadaver wurden 2008 an den deutschen Stränden gefunden, 2007 waren es 170, bei denen auf unnatürlichen Tod geschlossen wurde. „Viel zu viele“, sagt die Meeresbiologin Petra Deimer von der Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere (GSM) in Quickborn. „Das kann der Bestand nicht verkraften.“ 5.800 Schweinswale werden in der westlichen Ostsee zwischen Rügen und Kattegat noch vermutet.

Unter Experten gilt eine unnatürliche Todesrate von einem Prozent bereits als zu hoch, in der westlichen Ostsee sind es bis zu drei Prozent. Grund dafür sei neben der Verschmutzung der Ostsee und dem Schiffsverkehr vor allem der Fischfang. „Über die Hälfte der toten Tiere ist Beifang“, sagt Deimer. Die Schweinswale verheddern sich in den Stellnetzen und ertrinken elendig. Deimer zufolge sollten die Fischer deshalb auf alternative Fangmethoden umstellen. „Statt Stellnetzen ließen sich zum Beispiel Fischreusen einsetzen“, sagt die Biologin.

Davon hält Lorenz Marckwardt vom Landesfischereiverband Schleswig-Holstein gar nichts. Mit Reusen fingen die Fischer vor allem Aale. Und weil der Aalfang nach einer EU-Regelung um die Hälfte reduziert werden solle, werde der Einsatz von Reusen gerade eingeschränkt.

Andere alternative Fangmethoden sind, wie Marckwardt sagt, schlichtweg „für’n Arsch“. In Fischfallen gingen „überhaupt keine marktfähigen Fische“ und an Langleinen beiße alles mal an. Da sehe die Beifangquote im Vergleich zu Stellnetzen um keinen Deut besser aus.MAXIMILIAN PROBST