Streit der Woche: „Like-Leckerlis für Narzissten“
Facebook ist ein asoziales Netzwerk, findet der Blogger Nils Dagsson Moskopp. Die Journalistin und Bloggerin Antje Schrupp widerspricht.
Facebook verhindert Kreativität und Kultur, schreibt der Blogger und Philosophiestudent Nils Dagsson Moskopp in einem Beitrag für den Streit der Woche in der sonntaz. Die sonntaz hatte die Frage gestellt, ob man Facebook jetzt verlassen muss. Gemäß der Doktrin des Facebookgründers Mark Zuckerberg bekäme jeder eine Identität innerhalb normierter Parameter. Abweichung sei dabei nicht vorgesehen.
„Kein Profil enthält Vorstrafen, Transsexualität oder mehrere Liebesbeziehungen. Facebook ist ein totales System.“ Das Netzwerk funktioniere durch Belohnung: „Zur Motivation erhalten Nutzer portionierte „Like“-Leckerlis für das normierte Leben, vorgetäuschte Orgasmen für eine Milliarde Narzissten.“
Die Journalistin und Bloggerin Antje Schrupp kann die Vorbehalte gegenüber Facebook nicht verstehen: „Wenn man mit Menschen außerhalb des engen Zirkels von Netzgemeinde und Medienprofis kommunizieren möchte, geht das ja zurzeit nur über Facebook.“ Keiner anderen Internetplattform sei es bisher gelungen, das Interesse breiterer Bevölkerungskreise zu wecken.
Schrupp glaubt, dass gerade die vielen Voreinstellungen für den Erfolg verantwortlich sind – auch wenn das für internetaffine Menschen ein Graus sei. Dennoch findet die Facebook-Befürworterin auch kritische Töne. Facebook sei gut zum Plauschen und für Katzenfotos. „Wichtige Inhalte und Debatten gehören aber in einen eigenen Blog,“ fordert Schrupp.
Verstöße gegen Datenschutzrecht
Ob man Mitglied bei Facebook sein möchte oder nicht, sollte jeder für sich selbst entscheiden, sagt Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner. „Ich habe mich vor zwei Jahren klar entschieden und mein Konto gelöscht.“ Das sei ihr zwar schwer gefallen, aber sie könne es als Verbraucherschutzministerin nicht akzeptieren, dass ein Konzern permanent gegen Datenschutzrecht verstößt. „Jeder muss jederzeit die volle Kontrolle über seine persönlichen Daten haben.“
Genau das hätten Facebook-Nutzer aber nicht, kritisiert Julia Schramm, Mitglied der Piratenpartei. Facebook sei ein Unternehmen, dessen Firmenpolitik undurchsichtig und unübersichtlich sei. „Es geht um Profit – so viel ist klar“, sagt Schramm. Nutzern empfiehlt sie daher den Ausstieg: „Mensch verpasst dabei nicht viel, außer vielleicht die ein oder andere schreckliche Party.“
Deutlich entspannter sieht es der Mathematiker und Informatiker Jens Gustedt. Wenn man Facebook nutzen wolle, würde es reichen, etwas aufzupassen. Für Skeptiker hält er deshalb ein paar Tipps bereit: Cookies solle man nur für eine Sitzung zulassen, Werbung könne man mit entsprechenden Programmen blockieren. Wenn man nicht zufrieden ist, könne man sich auch nach Alternativen umsehen: „Kein dramatisches Scheidungsgetue, sondern langsames, gemütliches Auseinanderleben.“
Die sonntaz-Frage „Muss man Facebook jetzt verlassen?“ beantworteten außerdem Mara Koch, Schülerin aus Leipzig, Ali Alqataani, Journalist aus Lybien, und Fabian Gottschlich, der die Frage per Email kommentierte – in der sonntaz vom 01./02. Dezember 2012.
Leser*innenkommentare
Sebastian
Gast
...wie schreibt man nochmal schnell Libyen? :-p
Test
Gast
„Mensch verpasst dabei nicht viel, außer vielleicht die ein oder andere schreckliche Party.“
Ja klar, natürlich. Wer nichts als Party macht, der verpasst da natürlich auch nichts anderes. Da sieht man einmal, welche Kreise hier diskutieren.
In meiner Studienfachrichtung wird zu meinem Leidwesen alles über Facebook geregelt, inklusive der offiziellen Ankündigungen. Aushänge gibt's nicht mehr (warum nur?) und auf den Email-Verteiler kann man sich nicht immer verlassen.
Außerdem werden diverse Themenabende, Diskussionsrunden und andere Veranstaltungen auch dort angekündigt.
Aber wer in seiner Freizeit eben nur Party macht, der verpasst auch nichts anderes als schreckliche Partys, wenn er nicht mehr bei Facebook ist.
Damit will ich Facebook nicht verteidigen. Ich finde es schrecklich, aber ich brauche zumindest einen Account.
Wenn ich im Übrigen einem deutschen Muttersprachler oder einer deutschen Vatersprachlerin begegne, die das Wort "Mensch" in dieser Form verwendet, würde ich denke ich jegliche Diskussion einstellen und nach einer anderen Gesprächspartnerin beziehungsweise Gesprächspartner suchen.
Jan
Gast
Facebook ist auf maximale Harmonie ausgelegt. Warum gibt es wohl keinen "Gefällt mir nicht"-Button? Weil dann eine Streitkultur entstehen würde, deren die Facebookmacher nicht mehr Herr werden würden. Viele Profile mit beispielsweise rechts oder links-extrmeistsichem Inhalt, Homophobie und Denunzierung sind nicht öffentlich, also muss ich erst "Gefällt mir" klicken, um einen kritischen Gegenkommentar abzugeben. Und das macht keiner, weil seine "Freunde" dann angezeigt bekommen würden, dass Max M. die NPD mag, obwohl er ja bei der Antifa ist. Also mal als Beispiel.
horst
Gast
natürlich hat man die kontrolle über die daten. man kann sich ja aussuchen ob man mitmacht...
das ist bei den ganzen staatlichen datensammlungen nicht so.
Cathrin
Gast
Aber das ist doch auch bei der Schwarmintelligenzz so und in vielen anderen Bereichen. Wer "nicht normal" ist fällt meist raus. Dank Internet werden es Menschen die nicht der Norm entsprechen immer schwerer haben. Das ist nicht nur bei den sozialen Netzwerken so.
Jan
Gast
Es gab da mal vor Jahren ein Buch
"1000 Meter doppleklicken"
Wurde natürlich
INDIZIERT
so ein kleines gelbes Exemplar
ist nicht sofort vom Himmel
gefallen wie die
Engel zu §Weinachten§
oder die FDP @....
oder Rettungsschirme für
EUROPA
Der
Komsomolze
ohne LPG
ganz "NÖSPEL" Genossen wird schon schiefgehn