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Archiv-Artikel

DR. EDMUND STOIBER über GONZO Ein Grußwort des Ministerpräsidenten

Edmund Stoiber fasst sich ein Herz und wendet sich mit einem Friedensangebot direkt an taz-LeserInnen

Sehr geehrte Leserinnen und Leser der taz,

Es ist mir eine besondere Ehre und auch ein Vergnügen, mich heute an Sie zu wenden. Es liegen viele Jahre des Zerwürfnisses hinter uns, aber nun ist es im Interesse unseres Vaterlandes und auch Deutschlands an der Zeit, diese schlimme Zeit zu begraben und gemeinsam nach vorne zu blicken. Ich möchte den sechzigsten Jahrestag der Gründung der Christlich-Sozialen Union dafür nutzen, Ihnen versöhnlich die Hand hinzustrecken und hoffe, dass Sie diese auch ergreifen.

Es ist, jetzt im Jahre 2005, unsere gemeinsame Pflicht, die Dinge anzupacken im Sinne der Champions League und also nicht mehr zu schauen, was jetzt rechts ist oder links, denn diese Zeiten sind vorbei. Es wird kein vernünftiger Mensch die Gemeinsamkeiten der CSU mit beispielsweise einer Partei wie den von Ihnen mehrheitlich bevorzugten Grünen verleugnen können: Wir beide sind für den Schutz und die Erhaltung der Natur, wobei wir von der CSU, und lassen Sie mich das als persönliches Anliegen formulieren, wobei wir also besonders die bayerischen Interessen im Auge haben und nicht so sehr den Bund, wie es als bayerischer Ministerpräsident und CSU-Vorsitzender ja auch meine Aufgabe ist, was übrigens die schönsten beiden Ämter sind, die einem der Herrgott jemals verleihen könnte.

Sollten wir ein neues Kernkraftwerk bauen, dann machen wir das in Bayern, dem Technologiestandort Nummer eins, was einerseits ein Höchstmaß an Sicherheit garantiert und andererseits auch Sie nicht weiter stören wird, weil es in Bayern nur sehr wenige taz-Leser gibt. Wir setzen auf den Schienenverkehr, auch mit der Unterstützung der Bayerischen Motorenwerke. Unsere Liebe zur Bahn zeigt sich insbesondere einmal mehr, als ich meinen eigenen Wirtschaftsminister Otto Wiesheu dorthin entsandt habe, damit die bayerischen Interessen dort groß geschrieben werden und die Bahn nach vorne an die Tabellenspitze der Champions League kommt.

Und lassen Sie mich hiermit zu meinem eigentlichen Anliegen kommen: Die Zentrale der Bahn AG darf auf keinen Fall nach Hamburg umziehen. Es gibt nur einen einzigen Ort, wo die Bahn einen Top-Standort finden kann mit hochqualifizierten Mitarbeitern, und das ist München, umso mehr, als die bayerische Landeshauptstadt bald wieder von der CSU regiert werden wird, so Gott will.

Denn es gibt nichts Wichtigeres als die bayerischen Interessen, die ich von nun an und eigentlich immer schon besonders im Auge habe, getreu dem Motto: Bayern im Blick, es gibt kein Zurück!

Lassen Sie mich, sehr verehrte Leserinnen und Leser der taz, aber zum Abschluss noch unsere wichtigste Gemeinsamkeit hervorheben, welche die Grundlage unserer künftigen Zusammenarbeit sein wird: Es ist uns, und da will ich ganz ehrlich sein, es ist auch mir nicht recht, wie und vor allem von wem jetzt dieses Land, also Deutschland, regiert wird. Es hätte da andere Möglichkeiten gegeben, und ich will nicht verhehlen, dass es an mir nicht gelegen hat, dass die Grünen jetzt nicht in der Regierung sind, und ich auch nicht.

In Zeiten des Umbruchs ist es manchmal nötig, harte Entscheidungen zu treffen. Wenn Sie sich also dazu entschließen könnten, die Parteispitze der Grünen dahingehend zu verändern, dass Frau Roth sich dort nicht mehr befindet, sondern möglicherweise der sehr aufgeschlossene Herr Metzger, dann sehe ich beste Chancen auf eine gedeihliche Zusammenarbeit auch in der Zukunft und im Bund, indem ich auch mit Herrn Bütikofer keinerlei Problem sehe. Freilich bedürfte es auch auf Seiten unserer Schwesterpartei einiger Veränderungen, und ich bin mir sicher, Sie verstehen mich. Lassen Sie es mich so sagen, sehr verehrte Leserinnen und Leser der taz: Tun Sie das Ihre, dann will ich das Meine tun.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen noch eine angenehme Zeitungslektüre und die Hoffnung darauf, dass wir bald nicht mehr Schlusslicht sind und Tabellenletzter, sondern bald wieder vorne mitspielen, wie es sich gehört.

Herzlichst, Ihr Doktor Edmund Stoiber

Fragen an Bayern? kolumne@taz.de Morgen: Martin Reichert über LANDMÄNNER