Kolumne Blicke: Barbaresco an Bayern

In den Achtzigern hatte jeder ein Konto in der Schweiz. Sagt Mama. Nur Papa nicht. weil der ein Sechzger ist

Dieses windige Dingsbums, dass man zu Fuß erreichen konnte: Münchner Olympiastadion. Bild: Imago / Plusphoto

Nein, ich habe nicht gern recht. Aber als ich im Januar schrieb, dass an der Spitze des FC Bayern ein Triumvirat böser alter Männer, ja gar ein Politbüro stünde, da schrieb ein Meinungslibero mit dem hübschen Namen „Bayern-Hasser“, der Uli H. leiste „sicher mehr praktische soziale Arbeit als mancher linke Sprücheklopfer“.

Der rechte Läufer „Paolo Pinkel“ meinte, „der FCB wird die TAZ-Schreiberlinge noch viele Jahre ärgern“, und Kostenlosleser Martin Frensch grätschte mit dem Spruch von der „hoch professionellen Führungsetage des FC Bayern“ dazwischen, wobei er betonte, dass er NICHT mit dem FC Bayern sympathisiere, Ausrufezeichen.

Nun, ich sympathisiere DURCHAUS seit ungefähr vierzig Jahren mit dem FC Bayern. Es begab sich nämlich, dass ich in unmittelbarer Nähe zum Olympiastadion – das war dieses windige Dingsbums, das man zu Fuß erreichen konnte – aufwuchs und tatsächlich, wenn meine Brüder und ich etwa mit Windpocken auf den sommerlichen Balkon ausgelagert wurden, hören konnte, wenn Bayern ein Tor schoss. Nur dass das damals, Ende der 1970er, gar nicht so oft der Fall war.

Wahrscheinlich wurde ich Bayern-Fan, weil mein bester Freund Bayern-Fan war. Oder weil mein Vater Löwen-Fan war.

Jedenfalls folgten dann Jahre, in der ich die Sache mal mehr, mal weniger verfolgte, meistens weniger.

Trapattoni kam, er brachte den deutschen Holzklasseprofis ein wenig Basistechnik bei, attraktiv war ihr Spiel deswegen aber noch lange nicht; und Olli Kahn stand nie passender als neben Katrin Müller-Hohenstein. Klar fand ich Lizarazu gut – aber was ist Liza gegen Alaba? Was Willy Sagnol gegen Franck Ribéry?

Kleine Triumphe in Fußballkäfigen

Ich bin insofern ein typischer Bayernfan, weil ich mich nervlich zerrüttet nach Niederlagen abgewendet habe, und zwar nach den beiden Champions-League-Final-Niederlagen 2010 und 2012. Ich war Bayern aber bald dankbar dafür, weil der Schaufußball eh zu viel Zeit und Bedeutung in meinem Leben eingenommen hatte. Da wurde ich doch lieber Jugendtrainer einer 3. D oder genoss die kleinen Triumphe gegen 16-Jährige in Neuköllner Fußballkäfigen.

Und jetzt der Uli! Ehrlich gesagt, interessiert mich an der ganzen Angelegenheit am meisten die Abgezocktheit, mit der sich Focus-Chefredakteuer Jörg Quoos bei Jauch hinhockte und davon sprach, wie sie bei seiner Illustrieren die Hoeneß-Geschichte knallhart recherchiert hätten. Ja genau, von Helmut Markwort, Mitglied des FCB-Verwaltungsbeirats, kam da bestimmt kein Sterbenswörtchen, das war echte, schmutzige Schnüffelarbeit. Geh weiter!

Und nun, bei dem gewiss historischen Sieg gegen Barça am Dienstag hat mir am besten der Barbaresco gefallen, den meine Juve-Freunde servierten, mit denen ich das Spiel sah.

Die Mama hat mir dann noch am Telefon gesagt, dass der Hoeneß natürlich ein Schwein ist. Aber dass halt in den 1980er Jahren ein jeder ein Konto in der Schweiz gehabt hätte. Ach was, der Papa auch? Nein, sagte sie, der natürlich nicht: Das Geld st alles für euch Kinder draufgegangen. Na ja, was soll ich sagen: Ein Sechzger halt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.