Senat: Schmissiger Abgang

Sozialstaatssekretär Michael Büge (CDU) wird entlassen, weil er von seiner umstrittenen Burschenschaft nicht lassen will. Rot-Schwarz verschleißt weiter Personal.

Festakt der Deutschen Burschenschaft. Bild: dpa

Wieder einer weniger: Der Senat wird Sozialstaatssekretär Michael Büge (CDU) aus seinem Amt entlassen. Denn der will lieber „Alter Herr“ bei der schlagenden Steglitzer Burschenschaft Gothia statt Mitglied der rot-schwarzen Regierung bleiben.

Büges Vorgesetzter, Gesundheits- und Sozialsenator Mario Czaja (CDU), teilte am Montag mit: „In einem persönlichen Gespräch hat mich Staatssekretär Michael Büge heute darüber informiert, dass er sich entschieden hat, die Burschenschaft Gothia nicht zu verlassen.“ In Absprache mit der Parteiführung der Berliner CDU habe er daraufhin Büges Entlassung auf die Tagesordnung der Senatssitzung am Dienstag setzen lassen. Die CDU-Spitze um Landeschef Frank Henkel hatte Büge zuvor ein Ultimatum gestellt: Gothia oder Senat.

Sein eigenes Ultimatum hatte Büge monatelang verstreichen lassen: Er werde die Gothia Ende Januar 2013 verlassen, sollte sich diese nicht zu einem Austritt aus dem extrem rechten Dachverband Deutsche Burschenschaft entschließen, versprach er im Dezember 2012. Dem Dachverband gehört die Gothia noch immer an, trotzdem ist Büge weiter Mitglied der Burschenschaft. Die Opposition und Teile der SPD kritisierten Büge deswegen immer wieder heftig. Die Diskussion über Büges Gothia-Mitgliedschaft habe in den vergangenen Monaten die Arbeit an Sachthemen deutlich erschwert, bestätigte Senator Czaja. Mit genau einem Satz kommentierte Linken-Fraktionschef Udo Wolf Büges Entlassung am Montag: „Das wurde auch Zeit!“

In seiner Burschenschaftsangelegenheit agierte Büge dabei mit weniger Glück als ein prominenter Parteifreund: Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist Mitglied der Franco-Bavaria in München, die ebenso dem Dachverband Deutsche Burschenschaft angehörte – doch im Gegensatz zur Gothia beschloss diese im Februar ihren Austritt. Zuvor hatte Ramsauer dem Dachverband „immer dreister werdende rechtslastige Provokationen“ vorgeworfen und mit seinem eigenen Rückzug gedroht. Mitglieder der Dachverbands haben unter anderem mit der Hetze gegen einen Burschenschafter, dessen Eltern Chinesen sind, und Rechtfertigungen des Nazi-Todesurteils gegen den Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer auf sich aufmerksam gemacht.

Für die Koalition aus SPD und CDU geht mit Büges Demission der personelle Aderlass weiter: Vor knapp einem Monat hatte Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) ihren Staatssekretär Farhad Dilmaghani entlassen. Die CDU bringt es mit Büge, Exjustizsenator Michael Braun sowie Exwirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz und deren beiden Staatssekretären auf insgesamt fünf verschlissene Regierungsmitglieder seit der Vereidigung des Senats im Dezember 2011.

Büge immerhin muss sich wohl wenige Sorgen um die Zukunft machen: Zum einen bleibt er Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Neukölln. Zum anderen wirbt seine Gothia im Internet damit, dass ihre Mitglieder „hervorragende Positionen in den unterschiedlichsten Berufen“ einnähmen und sich so gegenseitig weiterhelfen könnten.

Comments

[Christian]

Was mit Büge passiert ist, ist linker Faschismus. Was hat die Gothia getan? Wieso werden alle Burschenschaften über einen Kamm geschert? Unter der Mütze und hinter dem Band was Büge noch trug, steht ein couragierter Mann, der sich nicht von Politik und Feindpresse beugen lässt. Ich hoffe irgendwann wird die Rudi-Dutschke-Straße von freiheitlichen Bürgern gestürmt und solche Hetzer und Spalter wie ihr an den Pragner gestellt.

[Schwabe aus Stuttgart]

Das ist das tolerante Berlin! Hass auf Schwaben, Korporationsstudenten und alles was die schöne Befindlichkeit stört.

Aber keinen Flughafen, Bahnhof, Opernhaus fertigbekommen und die Schulen schlecht.

Warum müssen wir diesen Sumpf eigentlich noch finanzieren?

Besser: Einen Zaun um Berlin aufbauen und Erdnussautomaten daran hängen und die Fleissigen dürfen auswandern!

[JunkerJasper]

Lieber ein Exzem am After als ein deutscher Burschenschafter

[Irrsinn]

Es gibt auch gemischte Verbindungen, ebenso Damenverbindungen, welche folglich keine Männer aufnehmen.

Das Prinzip der Seilschaften existiert in jedem Verein, sei es Partei, Verbindung, Sportverein oder sogar in gewissen Maße Facebook.

Wer wie Sie argumentiert, hat die Welt noch nicht begriffen.

Hier wird jemand seines Amtes enthoben, ohne dass es direkt und haltbare Vorwürfe irgendeiner Art gegen ihn gäbe.

Als nächstes wirft man dann Leute raus, weil sie einen bestimmten Fußballverein toll finden oder die falsche Krawatte tragen, oder wie?

[numquam retrorsum]

Respekt Herr Büge.

Auch wenn ich diverse burschenshaftlichen Standpunkte sehr fragwürdig halte, geht die Alternative Job oder Vereinszugehörigkeit eindeutig zu weit.

@ Pappsi? Was versprechen Sie sich von der geforderten Verbindungsseilschaftenoffenlegung? Eine Möglichkeit zur Hetzjagd auf Mützenträger?

Die letzten die bestehenden Verbindungen verboten und deren Mitglieder schaßten waren die Nazis. Wollen Sie da wirklich wieder ansetzen?

[feder24]

Das in Deutschland Mitgliedschaft in einer Studentenverbindung, die sich auf die Tradition der politischen Befreiungsbewegung in D Anfang des 19.Jahrhunderts beruft ( Befreiung vom Usurpator Napoleon und nachfolgend von den rigorosen Adelsherrschaften) zu einem Berufsverbot führt, sollte sehr nachdenklich machen.

Das erinnert stark an die Zeiten 1933 und später(ich weiß, keine Relativierung!), wo mit solchen Methoden unangenehme Zeitgenossen ausgeschaltet wurden.

[Ihr neuer Pappsi]

Da hat die Frauenquote doch tatsächlich ihre Berechtigung: Sie dürfen nicht Mitglied einer (Köpfe-schlagenden) Verbindung sein.

Tranzparenz muß her:

Verbindungsseilschaften müssen offengelegt werden. Hat jemand in Deutschland schon mal einen Burschenschaftler bei Amnesty gesehen? Ich nicht.