Stadtfest: Klimbim an jeder Ecke

Ein Jahr vor ihrem 20. Jubiläum hat sich die Fête de la musique deutlich professionalisiert: Wer mitmachen will, muss etwas können.

Die Fête de la musique ist eine einzigartige Möglichkeit, durch die Stadt zu flanieren (Archivbild) Bild: dpa

Nächstes Jahr feiert die Fête de la musique in Berlin ihr 20-jähriges Bestehen. Anfang der Achtziger in Frankreich erfunden, ist das Straßenmusikfestival, das jedes Jahr zum kalendarischen Sommerbeginn am 21. Juni stattfindet, inzwischen europaweit ein Franchise-Hit. Allein in Deutschland kamen in den letzten Jahren immer mehr Städte mit auf die Fête-de-la-musique-Landkarte, von Aschersleben bis Recklinghausen, aber Berlin bleibt natürlich Deutschlands Fête-de-la-musique-Hauptstadt. Im vergangenen Jahr wollten fast 100.000 Zuschauer die über die ganze Stadt verteilt auftretenden rund 800 Bands und DJs sehen.

Das Festival hat sich in den letzten Jahren spürbar professionalisiert. Wer nichts kann, aber trotzdem meint, er müsse sich musikalisch der Welt mitteilen, der kann dies zwar immer noch an diesem Tag an der nächsten Straßenecke tun, aber letztlich werden die über 100 Bühnen, die heute in der Stadt aufgestellt werden, zum Großteil von den einschlägigen Clubs und Institutionen der Stadt kuratiert, die auf ein Mindestmaß an musikalischer Qualität Wert legen. In einer Stadt, in der man sich täglich mit einem Überangebot an interessanten Konzerten konfrontiert sieht, ergibt so eine Vorauswahl bestimmt auch Sinn.

Spaß und Ursprung

Einfach um den Spaß an der Musik, um den Ursprungsgedanken des Festivals, geht es aber auch noch. Zumindest Randi Ramme, die mit ihrer Band Kein Tag ohne heute im Ex-Cabiola in Treptow auftreten wird. Es wird erst der dritte Auftritt der Band überhaupt sein und, wenn man so mag, einen Karrieresprung darstellen, weil man in so einem großen Rahmen vorher noch nicht aufgetreten ist. Randi Ramme ist sowieso Fan des Festivals. "Ich finde es schön, dass an diesem Tag ganz Europa die Musik feiert. Man geht vor die Türe und entdeckt eine neue Band", sagt sie und glaubt: "Musik verbindet." Geld bekommen sie und ihre Mitmusiker nach den Festivalregeln für ihren Auftritt nicht, höchstens ein paar Freigetränke.

Auch wenn Clubs und Kneipen das Festival dazu nutzen, Werbung in eigener Sache zu machen und durch den Verkauf von Getränken sicherlich etwas verdienen, bleibt das Festival eine einzigartige Möglichkeit, durch die Stadt zu flanieren und an jeder Ecke etwas zu erleben, ohne dafür Eintritt zu bezahlen. Im Antje Öklesund in Friedrichshain wird das Adriano Celentano Gebäckorchester auftreten, wo allein schon der Bandname neugierig macht, in der Passionskirche der Bulgarische Orthodoxe Chor Berlin, von Funk bis Ska gibt es sowieso in Charlottenburg bis Spandau die ganze Bandbreite zu hören und an der UDK wird im Rahmen der Fête de la musique auch noch Klassik geboten, unter anderem ein "Beethoven-Marathon".

Man kann heute ziellos durch die Stadt streifen oder sich von einer extra zum Festival erstellten App leiten lassen, auch die Fête de la musique ist im digitalen Zeitalter angekommen. Man kann auf Nummer sicher gehen und bereits etwas bekanntere Acts wie Kitty Solaris oder Joachim Deutschland sehen oder auf der Homepage des Festivals, auf der zu den Namen all der vielen relativ unbekannten Bands und Musiker Verlinkungen zu Soundcloud angeboten werden, Vorentscheidungen treffen. Oder man kann es sich ganz einfach machen und zu der von Modeselektor kuratierten Bühne im Mauerpark pilgern. Einer von Berlins bekanntesten Techno-Acts nutzt die Fête de la musique, um Acts des eigenen Labels zu präsentieren, um sich selbst zu promoten, und lässt sich das Ganze auch noch von einem Hersteller von Energy-Drinks sponsern. Werden hier noch die offiziellen Regeln der Fête de la musique eingehalten? So wirklich unkommerziell ist eine derartige Bühne bestimmt nicht mehr. Die gebotene Musik ist allerdings trotzdem gut, und Regeln nicht einzuhalten, das sollte in Berlin eigentlich immer das Ziel sein.

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