Wut auf Conti-Chef

Mitarbeiter der Autozulieferfirma an 26 deutschen Standorten kämpfen für die von Schließung bedrohten Hannoveraner. Gewerkschaft hält angekündigten Jobabbau für „juristische Luftnummer“

„Nimmersatt macht Conti platt“ oder „Lohnverzicht schafft Arbeitsplätze – und die Erde ist eine Scheibe“ steht auf den Transparenten, mit denen die Mitarbeiter des Autozulieferers zur Betriebsversammlung in die Eilenriedehalle in Hannover gehen, ein Conti-Mann sagt: „Soll er doch gleich mit dem ganzen Management nach Rumänien gehen!“ Die Stimmung ist gereizt: Seitdem Conti-Vorstand Manfred Wennemer ankündigte, Ende 2006 die Fertigung von Pkw-Reifen in Hannover-Stöcken einzustellen, obwohl das Werk profitabel arbeitet, geht eine Welle der Angst durch das Unternehmen. Dabei geht es Wennemer nur darum, 320 Stellen abzubauen.

Vielleicht hat der Mann, den viele für den Prototyp der münteferingschen „Heuschrecke“ oder auch für die „Raupe Nimmersatt“ halten, nicht mit den Folgen gerechnet. Mittlerweile fürchten alle Conti-Leute in Deutschland, ihre Jobs würden demnächst nach Osteuropa oder Asien verlagert, damit die Dax-Firma noch mehr Gewinn einfahren kann. Und so kamen gestern nach Angaben der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) 30.000 „Contianer“ an insgesamt 26 Standorten zusammen, um Solidarität für die Kollegen zu zeigen, allein in Hannover waren es bei vier Versammlungen 5.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Am Morgen war Unternehmens-Vorstand Wennemer in der Conti-Zentrale niedergepfiffen worden, weil er sich kein Bekenntnis zu den deutschen Standorten abringen konnte. Kurz darauf hatte Personalvorstand Thomas Sattelberger sein Erscheinen in der Eilenriedehalle abgesagt. Drinnen hatte ein Mitarbeiter unter Johlen angeregt, das Pferd im Conti-Logo künftig durch ein Kamel zu ersetzen.

„Um den Vorstand der Continental wird es einsam“, sagte Betriebsratschef Winfried Hilverkus später. Ein Domino-Effekt drohe: Nicht nur Stöcken stehe auf dem Spiel, sondern mittelfristig auch die Verlegung der Lkw-Reifenproduktion oder der Entwickler. Erst im Mai hatte Hilverkus mit den Conti-Bossen eine Betriebsvereinbarung geschlossen, nach der die Jobs in Stöcken bei Lohnverzicht bis Ende 2007 erhalten bleiben. Die einseitige Kündigung durch Conti erklärte IG-BCE-Sprecher Peter Wind gestern schlicht zu einer „juristischen Luftnummer“. Wenn Wennemer seine Ankündigung wahr machen wolle, müsse er klagen.

Für entscheidend hält die IG BCE die Aufsichtsratssitzung in einer Woche. Dort könnte es zum Showdown zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite kommen. Auch im Conti-Management soll sich Unmut regen. Bislang hatten sie alle Produktionsverlagerungen ins Ausland abgenickt. Nun heiße es: „Da können wir ja gleich alles verlagern.“ Der Imageschaden für Conti wird dabei immer größer. Nur noch sehr kläglich klang die Behauptung der Firma gestern, ihre deutschen Beschäftigten erhielten über 60 Millionen Euro Weihnachtsgeld sowie Prämien in Millionenhöhe. K. Schöneberg