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Archiv-Artikel

Off-Kino Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Anna Christie“ (deutsche Fassung) 10.–11. 12. im Zeughauskino

Weil Studioboss Harry Cohn nach einem Streit mit Rita Hayworth „keine Tante mit großen Titten mehr im Stall“ hatte (angeblich seine eigenen Worte), geriet das frisch engagierte Starlet Marilyn Novak Mitte der 50er-Jahre in die Maschinerie der Columbia: Ihre Zähne wurden gerichtet, die Haare blond gefärbt und der Vorname geändert – und fertig war der Filmstar Kim Novak. Doch die schöne Kim wollte nicht nur schön sein. Allzu gern wäre sie als dramatische Schauspielerin anerkannt worden, aber sie blieb stets unsicher: „Vor der Kamera war sie extrem nervös“, erzählte beispielsweise Regisseur Preminger, der sie 1955 für sein Drama „The Man with the Golden Arm“ verpflichtete. Doch ein erfahrener Regisseur wie Preminger vermochte das Defizit seiner Schauspielerin in einen Vorteil umzumünzen: Novaks Unsicherheit und Verletzlichkeit trägt in starkem Maße zur Glaubwürdigkeit ihrer Rolle als Animiermädchen mit goldenem Herzen bei, das sich nach einem bürgerlichen Leben sehnt – und sich doch lange nicht zwischen einem Trinker und einem Drogensüchtigen (Frank Sinatra) entscheiden kann.

„Die kleine Zauberflöte“ 10.–11. 12. im Filmmuseum Potsdam

„Das Publikum überschätzt man nie genug.“ Diesen optimistischen Gedanken des französischen Regisseurs Alexandre Astruc hat sich auch der Animationsfilmer Curt Linda zu Eigen gemacht, der sich in ungebrochenem Vertrauen auf Intelligenz, Geschmack und Fantasie seiner jugendlichen Zuschauer auch bei der Arbeit an „Die kleine Zauberflöte“ (1997) einmal mehr allen internationalen Trends des Zeichentrickfilms widersetzte: Bild für Bild Handarbeit anstelle von Computeranimation, das ist mühsam, teuer und einfach schön. Da wirken die sorgsam ausgeführten Hintergründe dann zeitweise wie Gemälde, und die Zeichnung der Frauenfiguren erinnert an japanische Holzschnitte. Und nur Dauerkonsumenten japanischer Fernsehanimes mag es befremden, dass Prinz Tamino und sein lustiger Begleiter Papageno in dieser freien und kindgerechten Bearbeitung von Mozarts berühmter Oper ihre Abenteuer nicht mit Bomben und Maschinenpistolen bestehen, sondern mit Hilfe von Musikinstrumenten.

„Garbo talks!“, lautete der unfreiwillig komische (und deshalb unvergessene) Werbespruch für Greta Garbos ersten Tonfilm „Anna Christie“. Und den gab es sogar gleich zweimal: Während Clarence Brown die englische Sprachfassung drehte, inszenierte der Belgier Jacques Feyder 1930 bei MGM in Hollywood zeitgleich eine deutsche Fassung des Films, die allgemein als die bessere der beiden Versionen gilt. Garbo verkörpert in der Verfilmung des Theaterstücks von Eugene O’Neill eine ehemalige Prostituierte, die zu ihrem Vater, einem Schiffer, zurückkehrt und am Hafen schließlich eine neue, respektable Liebe findet, die dann natürlich gewissen Anfeindungen ausgesetzt ist. Traurig, müde und vom Leben angewidert kommt die schwedische Schönheit hier daher, um sodann in einer schäbigen Hafenspelunke tatsächlich und ganz in echt zu sprechen: fehlerfrei, mit tiefer Stimme und rollendem „r“. LARS PENNING

„Der Mann mit dem goldenen Arm“ 8.–10. 12. im Filmkunst 66