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Archiv-Artikel

Schlimmer als Schweden

ROTLICHT Eine Selbsthilfe-Organisation von Sexarbeiterinnen kritisiert den rot-grünen Plan für ein Prostitutionsgesetz in Bremen als „lupenreine“ Initiative gegen das Gewerbe. Das Land will Vorreiter sein

Von MNZ
Kritikerinnen sprechen von „Kriminalisierung“ und „Totalüberwachung“

Auf deutliche Kritik von Betroffenen gestoßen ist der Plan für ein eigenes Prostitutionsgesetz im rot-grün regierten Bremen. „Es handelt sich um ein lupenreines Polizeigesetz gegen Prostitution“, kritisiert „Dona Carmen“ aus Frankfurt, ein Verein, der sich für die sozialen und politischen Rechte jener Frauen einsetzt, die in dem Gewerbe arbeiten. Dagegen sei das schwedische Modell – es bestraft die Freier – „fast schon liberal“.

Prostitution solle in Bremen „nur noch in wenigen Ausnahmefällen“ gestattet sein, sagt Dona Carmen, Bremen mache sich damit bundesweit zum „Vorreiter“ einer Kriminalisierung.

Bremen wäre das erste Bundesland mit einer solchen Regelung – bundesweit gibt es ein sehr allgemein und kurz gefasstes Prostitutionsgesetz, das die damalige rot-grüne Bundesregierung 2002 verabschiedete. Ob die Länder hier eine eigene Gesetzgebungskompetenz haben, ist umstritten.

Prostitutionsstätten, wie es im Gesetzentwurf offiziell heißt, brauchen künftig eine offizielle Erlaubnis. Diese soll aber auch dann versagt werden, wenn nur „zu befürchten“ sei, dass Vorschriften des Gesundheits, Arbeits und Jugendschutzes umgangen werden. Für Kontrollen – es drohen Bußgelder bis zu 25.000 Euro – sollen Polizei und Innenbehörde zuständig sein. Dona Carmen spricht in diesem Zusammenhang von einer drohenden „Totalüberwachung“. Die Grünen beraten den Gesetzentwurf erst nach Ostern, die Fraktion nahm bislang weder zu dem Plan noch zur Kritik Stellung.

Grundsätzliche Zustimmung erntete der Vorstoß dagegen vom Unternehmerverband Erotik Gewerbe Deutschland (UEGD). Zugleich warnte er vor einer Festlegung auf eine Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Sommerpause. Nitribitt, eine Bremer Beratungsstelle, mit gegründet von (ehemaligen) Prostituierten, will sich nach wie vor nicht zu dem Gesetzentwurf äußern – wurde jedoch vor dessen Verabschiedung in der SPD-Fraktion angehört.  MNZ