Schmutzige Spree: Kampf gegen die braune Flut

Verrostete Mineralien aus den brandenburgischen Tagebauen verfärben die Spree in der Lausitz. Jetzt sollen Mikroorganismen die Schadstoffe im Grundwasser umwandeln

"Verockerung" ist so ein schönes Wort. Sieht aber nicht schön aus. Bild: DPA

Mikroben sollen Rost und Schwefel in der Spree stoppen und somit auch die braune Verfärbung des Wassers verhindern. Das aufwendige Projekt soll im April in Ruhlmühle im nordöstlichen Sachsen starten, sagte Uwe Steinhuber vom Bergbau-Sanierungsträger LMBV am Montag. Erste Versuche am Skadodamm zwischen Sedlitzer und Partwitzer See seien sehr erfolgreich verlaufen. Steinhuber dämpfte gleichzeitig die Erwartungen auf allzu schnelle Besserung: Die Erprobung des Verfahrens in Ruhlmühle werde mehrere Jahre dauern. Die Auswirkungen von 160 Jahren Braunkohletagebau abzufedern – „das geht nicht von heute auf morgen“.

Ursache der Belastung sind die Tagebaue im Südosten Brandenburgs. Um an die Braunkohle zu kommen, wurde der Grundwasserspiegel gesenkt, es wurden große Mengen Erde abgebaggert und umgeschichtet. Dabei ist der im Boden vorkommende Schwefelkies, ein Mineral, an die Luft gekommen und in Verbindung mit dem Sauerstoff oxidiert, also gerostet.

Derzeit werden ehemalige Braunkohletagebaue wieder in natürlich aussehende Flächen und Seen umgestaltet. Auch der Grundwasserspiegel steigt wieder auf sein normales Niveau, so gelangt auch der Rost in das Grundwasser und in die Flüsse – täglich rund zehn Tonnen, schätzen Gutachter. Das Wasser färbt sich ab einer Konzentration von 3 Milligramm pro Liter braun. Das „verschlechtert die Lebensbedingungen durch Trübung des Wassers und Verschluss des Bodenlückensystems“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen. Fische verlieren Laichplätze, abgelegte Fischeier können erstickt werden. Auch die Suche nach Futter wird dadurch erschwert, dass die Tiere im Trüben fischen müssen.

Für den Menschen ist der Rost ungefährlich – anders als die ebenfalls entstehenden Sulfate. Eine Gefahr besteht, wenn die Sulfate spreeabwärts nach Berlin gelangen und hier in die Grundwasserschichten übergehen, aus denen die Wasserbetriebe das Trinkwasser pumpen. Sulfat kann mit den bisher in Berlin verwendeten Methoden der Trinkwasseraufbereitung nicht entfernt werden. Werden die Grenzwerte überschritten, führt das zu Durchfall und Erbrechen.

Verantwortlich für die Sanierung der Tagebaue ist die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), die dem Bund gehört. Im Jahr 2008 hat sie einen ersten Test begonnen. Im Prinzip geht es dabei darum, den ursprünglichen Vorgang umzudrehen. Das Grundwasser wird Nährstoffen wie Methanol oder Glycerin angereichert. Davon ernähren sich Mikroorganismen im Boden, die das Sulfit und Eisen im Wasser wieder zu Schwefelkies umwandeln. Die Stoffe gelangen so gar nicht erst aus dem Grundwasser in die Spree.

Parallel arbeitet die LMBV auch an anderen Verfahren. So kippt sie zum Beispiel an anderen Stellen große Mengen Kalk in das Wasser. Das bindet den Rost, der sich dann am Boden ablagert.

Im Frühjahr 2013 hatte die zunehmende Braunfärbung der Spree in der Lausitz Anwohnern Sorgenfalten auf die Stirn getrieben. Die Landesregierung verkündete einen 10-Punkte-Plan mit Sofortmaßnahmen.

Durch den von Vattenfall geplanten Tagebau Welzow II wird sich das Problem vergrößern. Harald Friedrich, ehemaliger Abteilungsleiter im NRW-Umweltministerium, schreibt in einem von Greenpeace in Auftrag gegebenen Gutachten: „Die zurzeit schon feststellbare große Beeinträchtigung der Oberflächengewässer wird in Zukunft, insbesondere nach Beendigung des Tagebaus im Jahr 2042, drastisch verstärkt werden.“

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