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Archiv-Artikel

Wärmere Temperaturen treiben Fische nach Norden

Kabeljau und Schellfisch werden knapp. Erhöhte Wassertemperaturen und Kohlendioxid-Einträge zerstören die Lebensgrundlage der Meerestiere

Auf den Weltmeeren herrscht Krieg um den Fisch. Zahlreiche Bestände, vom Kabeljau in der Nordsee bis zum großen Roten Tunfisch im Atlantik sind wegen Überfischung in ihrer Existenz bedroht. Eine womöglich noch ernstere Gefahr die Fischen und anderen Meeresbewohnern durch die globale Erwärmung droht, hätte die Weltklimakonferenz im kanadischen Montreal dieser Tage abwenden können. Zwar verpflichteten sich die 34 Unterzeichnerstaaten des so genanten Kioto-Protokolls, bis zum Jahr 2012 den Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) zu verringern. Doch der größte Umweltsünder, die USA, verweigert weiterhin seine Unterschrift. Meeresbiologen und anderen Experten ist längst klar, dass Temperaturanstieg und Versauerung der Meere als Folge des CO2-Eintrags zu einer Artenverschiebung in den Weltmeeren führen und den Krieg um den Fisch verschärfen könnte.

Weil die Nordsee nach Messungen des Alfred-Wegner-Instituts in Bremerhaven seit 1962 um 1,2 Grad wärmer geworden ist, wandern Kaltwasserfische seit 25 Jahren immer weiter nach Norden aus: Kabeljau und Schellfisch zogen inzwischen rund hundert Kilometer in Richtung Pol, weitere 16 Arten folgten ihnen. Bis 2050 werden einer britischen Studie zufolge kommerziell wichtige Arten wie Wittling und Rotbarsch als Folge der Klimaerwärmung völlig aus der Nordsee verschwunden sein.

Verschwunden sind vor Helgoland inzwischen verschiedene Algenarten, die als so genannte Primärproduzenten von Sauerstoff und Zucker an der Basis der Nahrungspyramide stehen. Von diesen Algen leben ein bis zwei Millimeter große Ruderfußkrebschen und die sind wiederum Hauptnahrung der Jungfische wirtschaftlich bedeutender Arten wie Kabeljau, Hering oder Holzmakrele.

Der Planktonschwund und der zunehmende Artenwechsel an der Basis der Nahrungskette lässt bei Wissenschaftlern die Alarmglocken schrillen. Doch eine womöglich noch größere Gefahr ist die rapide Versauerung der Meere: Von den rund vier Milliarden Tonnen CO2 die derzeit weltweit in die Atmosphäre geblasen werden, gelangen knapp 40 Prozent ins Meer. Dort werden sie zu Säure und erschweren die Bildung von Kalkschalen verschiedenster Lebewesen. „Wird der CO2-Ausstoß nicht verringert, sind in 100 Jahren die Weltmeere so sauer wie seit 20 Millionen Jahren nicht mehr“, warnt der Meeresbiologe Ulf Riebesell von der Uni Kiel.

JÜRGEN OEDER, AFP