: Wulff gewinnt Wettlauf um Studiengebühren
Als erstes Bundesland hat Niedersachsen beschlossen, dass alle Studenten 500 Euro pro Semester zahlen müssen
HANNOVER taz ■ Niedersachsen hat beim Abkassieren der Studenten die Nase vorn: Als erstes Parlament beschloss der Landtag in Hannover gestern, Studiengebühren für alle einzuführen.
Ab dem Sommersemester 2007 müssen alle Studierende eine Gebühr von 500 Euro pro Semester oder 333 Euro pro Trimester bezahlen. Bei Studienanfängern wird die Gebühr bereits im Wintersemester 2006 erstmals fällig. Laut Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) müssen die Gebühren „zweckgebunden für eine gezielte Verbesserung der Studienbedingungen eingesetzt“ werden. Die Studierenden würden daher von den Gebühren unmittelbar profitieren. Niedersächsische Studentenvertreter hielten dem entgegen, die Unis könnten durch die Gebühren „nur einen kleinen Teil der Kürzungen ausgleichen“, die ihnen Stratmann in den letzten zwei Jahren auferlegt habe.
Alle Studenten, die 500 Euro pro Semester nicht aufbringen wollen, können sich stattdessen bei einem öffentlich-rechtlichen Kreditinstitut verschulden. Die Hochschulen wurden verpflichtet, einen Fonds einzurichten, aus dem Ausfallbürgschaften finanziert werden. Was Bürgschaften und dazugehörige Bürokratie kosten werden, ist zwischen der CDU-Regierung von Ministerpräsident Christian Wulff und der Opposition strittig. Stratmann geht davon aus, dass die Ausfallfonds nur etwa 6 Prozent des Gebührenaufkommens verschlingen. Die SPD zitiert dagegen ein Gutachten, wonach die Kosten für Ausfallfonds und Verwaltung bei bis zu 30 Prozent der Einnahmen liegen. Die Grünen verweisen zudem auf England, wo die Kosten für Zinsverbilligungen und Ausfallrisiken bei 50 Prozent lägen.
Die niedersächsische Gebührenregelung sieht eine Obergrenze von 15.000 Euro für die Verschuldung durch Bafög und Studiengebühren während des Studiums vor. Die Schulden, die über die Grenze hinausgehen, müssen später nicht zurückgezahlt werden. Die ASten des Landes sehen Studierende aus sozial schwachen Familien künftig in einer Schuldenfalle. Abschreckende Wirkung zeigen die Gebühren bereits. In Niedersachsen sind die Studienanfängerzahlen weit stärker gesunken als im Bundesschnitt. Und es könnten weniger werden. 2010 soll es eine Evaluation der Gebühren geben und danach würden sie wohl wieder steigen, sagte Stratmann. Er könne sich gut vorstellen, dass die Unis bis zu 30 Prozent ihres Haushaltes aus den Gebühren finanzieren.
JÜRGEN VOGES