Windpark-Arbeiter warten auf Geld: „Eine Dusche für 23 Männer“

Werkvertragsarbeiter aus Griechenland lebten monatelang in prekären Unterkünften. Nun ist ihr Auftrag beendet – aber ihren Lohn haben sie nicht bekommen.

8,50 Euro Stindenlohn: So viel will die Windpark-Firma Paan gezahlt haben - bis im Mai ihr Konto gesperrt worden sei. Bild: dpa

HAMUBRG taz | Eine einzige Dusche für 23 Männer und in den Schlafräumen Wasser, das von der Decke sickert: „Die Unterkünfte waren eine Katastrophe“, sagt Ersan Gkatzoglou. Gkatzoglou ist einer von über 100 Facharbeitern aus Griechenland, die in menschenunwürdigen Unterkünften untergebracht waren, um im Auftrag der Firma Paan beim Bau eines Offshore-Windparks mitzuwirken. Mittlerweile sind die Konten der Firma Paan gesperrt – und Gkatzoglou und seine Kollegen haben kein Gehalt bekommen.

Die über 100 Männer aus Griechenland warten nun darauf, den Lohn für mehrere Monate Arbeit ausgezahlt zu bekommen. Die Facharbeiter hatten in Rostock an Offshore-Windkraftanlagen Beschichtungsarbeiten ausgeführt. Den Auftrag hatte die Hamburger Firma Krebs an das Subunternehmen Paan Industrieservice weitergegeben.

Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hatte im Juli die Konten der Firma Paan eingefroren. Sie geht dem Verdacht nach, dass Arbeiter als Scheinselbstständige angemeldet und Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten wurden.

23 Arbeiter lebten bis vor kurzem in einer Unterkunft in Groß Stieten bei Wismar. Etwa 80 weitere waren bei Greifswald untergebracht. Die Wohnanlagen hatte das Subunternehmen zur Verfügung gestellt. „Die Versorgung dort war katastrophal“, sagt Ingo Schlüter, DGB-Nord-Vize. Zeitweilig hätten sich die Arbeiter nur noch von Toastbrot ernähren können.

Schlagzeilen machte in Niedersachsen vor einem Jahr der Tod zweier Arbeiter in Papenburg. Sie arbeiteten in der Meyer-Werft, waren aber per Werkvertrag angestellt. In ihrer Massenunterkunft hatte es gebrannt.

In einzelnen Schlachtbetrieben sind nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten über 80 Prozent der Arbeiter über Werkverträge beschäftigt.

2015 will SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles ein Gesetz zur Eindämmung des Missbrauchs von Werkverträgen verabschieden.

Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) findet, die gängige Praxis von missbräuchlichen Werkverträgen beschädige das Ansehen der deutschen Wirtschaft.

Schlüter hat die Arbeiter in ihren Unterkünften besucht und sich ein Bild von der Situation gemacht, nachdem in der vergangenen Woche ein anonymer Anrufer den DGB Nord auf die Situation aufmerksam gemacht hatte. Gemeinsam mit Vertretern der Arbeitsagentur, der Politik, des Jobcenters und der Auftragsfirma hat der DGB Nord sich nun organisiert, um den Arbeitern zu helfen.

Anständige Unterkunft?

Die Firma Paan erklärte schriftlich, sie habe ihre Angestellten im Mai zum letzten Mal bezahlt, bis das Firmenkonto gesperrt worden sei. Für die Arbeiter sei laut Arbeitsvertrag ein Gehalt von 8,50 Euro pro Stunde festgelegt worden. Zudem habe man eine anständige Unterkunft und drei Mal am Tag eine Verpflegung bereitgestellt.

Ingo Schlüter sagt hingegen, bei einigen Arbeitern würden noch fünfstellige Summen ausstehen. Zudem seien den Arbeitern 14 bis 16 Euro pro Stunde versprochen worden. Auch eine Krankenversicherung habe man den Arbeitern zugesagt, die dafür notwendigen Unterlagen seien aber von der Firma vorenthalten worden. „Das ist ein Paradebeispiel dafür, wie dringend es notwendig ist, den Missbrauch von Werkverträgen gesetzlich an die Kette zu legen“, so der DGB-Nord-Vize.

Die Facharbeiter konnten ihre Unterkunft mittlerweile wechseln. Sie haben eine Notzahlung vom Jobcenter und der Firma Krebs erhalten.

Die Firma Krebs schiebt jede Verantwortung von sich: Man habe die Firma Paan pünktlich für den Auftrag bezahlt. Außerdem würden die Subunternehmer eigentlich regelmäßig kontrolliert. Von den Missständen habe man erst in der vergangenen Woche erfahren. Man werde die Unterbringung und Verpflegung bei ausgelagerten Arbeiten künftig noch stärker überprüfen.

Darüber hinaus hat die Firma Krebs den Arbeitern angeboten, Rückflüge in die Heimat zu finanzieren. Einige Arbeiter haben das Angebot schon wahrgenommen. Viele wollen jedoch nicht gehen. Sie haben Sorge, ihren Lohn nicht mehr ausgezahlt zu bekommen. Ein Abschlag von den gesperrten Konten könne aber aus rechtlichen Gründen nicht ausgezahlt werden. Ob die Arbeiter das ihnen zustehende Geld bald bekommen, ist weiter ungewiss.

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