Die Wahrheit: Gregor Mendels Sieg

Nationalgefühl ist weder gesund noch natürlich. Auch scheitert das Nationale an der Realität – erst recht, wenn man halbdeutscher Vierteltscherkesse ist.

Immer öfter habe ich die Vermutung, dass der El-Kurdi-Clan Teil eines groß angelegten aufklärerischen Gen-Experiments ist. Ziel dieses Experiments scheint es zu sein, das in den letzten Jahren gern zitierte „gesunde“ oder „natürliche“ Nationalgefühl durch gezielte Völkervermischung innerhalb einer Familie wegzumendeln. Dahinter steckt vermutlich eine kosmopolitische, internationalistische Geheimorganisation: Jüdisch-muslimische angloamerikanische kapitalistische Kommunistenglobalisierer – die üblichen Verdächtigen eben.

Begonnen hat das Experiment mit meinen Großeltern. Denn obwohl mein Vater in Jordanien geboren wurde, ist er im Abstammungssinne kein Araber. Mein Opa war nämlich ein aus Syrien nach Jordanien eingewanderter Kurde, meine Oma hingegen eine aus dem Libanon geflohene Tscherkessin.

Mein Vater war also Halbkurde/Halbtscherkesse – allerdings mit jordanischem Pass und der Muttersprache Arabisch. Meine Mutter aber war eindeutig deutsch, sogar mit Ariernachweis, sonst wäre sie nicht in den BDM aufgenommen worden. Dann aber wanderte sie nach England aus, wo sie meinen Vater kennenlernte, der dort als Offiziersanwärter der jordanischen Armee gerade einen Lehrgang beim ehemaligen Kolonialherrn absolvierte.

Die beiden gingen zusammen nach Amman, bekamen drei Kinder, die dreisprachig aufgezogen wurden, zogen wieder nach England, lebten dort ein paar Jahre und trennten sich dann. Meine Mutter kehrte mit mir nach Deutschland zurück. Und so wurde ich hier als Viertelkurde, Vierteltscherkesse, Halbdeutscher, Halbjordanier und Halbengländer groß – wenn man mal alle relevanten Abstammungen, Staatsangehörigkeiten und Sprachen zusammennimmt. Ich war also rechnerisch mindestens schon zwei Ganze. Ansonsten bin ich durch meine hiesige Sozialisation so deutsch, wie meine Geschwister britisch sind, da diese ja in England aufwuchsen.

Ganzjordanierin

Ich ließ dann etwas Dampf aus dem Kessel, indem ich mit meiner deutschen Freundin eine Tochter bekam, die nun immerhin Dreivierteldeutsche und nur noch Achteltscherkessin und Achtelkurdin ist – aber als legale Doppelpassinhaberin trotzdem auch Ganzjordanierin. Mein Bruder hingegen heiratete eine Waliserin und bekam mit ihr zwei Söhne, die nun was weiß ich sind, wie der Sohn meiner Schwester, dessen Vater ein im Irak aufgewachsener, katholischer, Arabisch sprechender Halbsinghalese, Viertelinder und Viertelaraber ist. Singhalesen sind übrigens die Einwohner von Sri Lanka. Wenn sie denn keine Tamilen sind. Wie man das noch verstehen soll? Ebent! Deswegent!

Und was sollte in diesem Zusammenhang ein „gesundes“ Nationalgefühl sein? Also könnte man mich bitte mit diesem Unsinn in Ruhe lassen? Und sich daran erinnern, dass Grenzen, Staatsangehörigkeiten, Abstammungen und Wohnorte völlig beliebige, zufällige Faktoren sind, vielleicht nicht bei jedem so offensichtlich wie bei mir, aber dennoch? Danke!

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kari

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