DER DEAL ZWISCHEN SPRINGER UND SAT.1 ZEIGT DIE PREKÄRE GESETZESLAGE : Aufgewacht, SPD
Auch verhaltene Worte können Kampfansagen sein. „Springer darf nicht die Sicherheit haben, dass die Ministererlaubnis in jedem Fall erteilt wird“, beschied der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Rainer Wend den Konzern am Wochenende. Was wie eine vorsichtige Warnung klingt, ist in Wahrheit der Paukenschlag, mit dem sich die Sozialdemokraten aus ihrer medienpolitischen Starre heraustrommeln. Seit August sind Springers Pläne zum Kauf von ProSiebenSat.1 öffentlich. Doch die SPD schwieg beharrlich zur größten und gefährlichsten Fusion auf dem deutschen Medienmarkt.
Nun rückt der Antrag auf eine Ministererlaubnis für die umstrittene Übernahme in den Bereich des Möglichen – und endlich rafft sich die SPD dazu auf, dagegen Stimmung zu machen. Das kommt spät, aber noch nicht zu spät. Schließlich hat Springer noch gar nicht beim zuständigen Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) angeklopft. Doch jede Stimme, die sich vorsorglich gegen die Sondererlaubnis ausspricht, macht es dem Bayern Glos schwerer, seinen ideologischen Verbündeten bei Springer zu helfen. Allerdings kann sich die SPD nicht darauf ausruhen, dass sie das Geschäft in der Koalition thematisiert hat. Denn erstens ist skandalisiert noch nicht verhindert – und zweitens gibt es genug für die SPD zu tun, um bedenkliche Großfusionen dieser Art künftig effektiv zu verhindern.
Die Gesetzesgrundlage, auf der das Bundeskartellamt und die Kontrollkommission KEK die Übernahme angreifen, ist viel zu brüchig. Es bedarf eindeutiger Gesetze, die festlegen, wann und wie Unternehmen in neue Medienmärkte vordringen dürfen. Konzerne, die Print- und TV-Geschäft verbinden, sind nicht mehr die Zukunft, sondern die Gegenwart. Der Rundfunkstaatsvertrag muss endlich daran angepasst werden. Wenn es die SPD also mit dem Protest gegen Springers TV-Kauf ernst meint, dann schlägt sie weiterhin in Sachen Ministererlaubnis Alarm. Und arbeitet gleichzeitig auf eine Neuformulierung des Rundfunkstaatsvertrags hin. HANNAH PILARCZYK
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