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Archiv-Artikel

Mehr Geld für Studentenfutter

HOCHSCHULE Ein Fünftel der Studenten bricht das Studium wegen Geldsorgen ab. Die Regierung erhöht deshalb den Bafög-Satz – um ungeheuerliche 2 Prozent

VON CHRISTOPH GURK UND LUKAS DUBRO

13 Euro pro Monat, das ist nicht viel. Einmal Kino mit Popcorn und Cola vielleicht, mehr ist da nicht drin. Die Bundesregierung verspricht sich allerdings Großes von diesem Betrag. Denn jene 13 Euro entsprechen den zwei Prozent, um die der Bafög-Höchstsatz in diesem Jahr aufgestockt werden soll. Das beschloss das Bundeskabinett gestern im Rahmen des Bafög-Modernisierungsprogramms und entschied außerdem, dass der Elternfreibetrag um 3 Prozent angehoben werden soll. „Die Studierenden haben so mehr Geld und müssen weniger arbeiten“, sagte Charlotte Cary von Buttlar, Pressereferentin des Bildungsministeriums. Außerdem sollten so auch mehr Studenten Zugang zu der Förderung bekommen.

Alles toll also? Im Gegenteil. Das zeigt eine Studie über die Motive und Ursachen von Studienabbrechern, die diese Woche von der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) vorgestellt wurde. Dafür befragte die HIS 2.500 Studienabbrecher aus über 50 Universitäten und 33 Fachhochschulen und fand dabei heraus, dass für viele der Leistungsdruck ein Grund ist, die Uni zu schmeißen. Brisant ist das vor allem deshalb, weil die Studie erstmals auch die neuen Bachelorstudiengänge untersucht hat, die ja unter anderem deshalb geschaffen wurden, um die Zahl der Studienabbrecher zu senken. Gleichzeitig bestätigt die Studie damit auch die Forderungen der Studenten, die im vergangenen Jahr in fast allen großen Städten Hörsäle besetzten, um unter anderem gegen eine Verschulung der Universitäten und gegen Prüfungsstress zu demonstrieren.

Neben diesen Punkten sorgt die Studie aber vor allem wegen eines weiteren Punkts für Aufsehen. Denn was die Studenten vor allem bedrückt, sind: Geldsorgen. Ein Fünftel der Befragten gab finanzielle Probleme als Grund dafür an, die Uni aufgegeben zu haben. Und schon letztes Jahr hatte eine andere Studie der HIS gezeigt, dass über drei Viertel der Abiturienten, die nicht studieren wollen, dies aus finanziellen Gründen nicht tun.

Zwei Prozent mehr Bafög, 13 Euro – für Tobias Roßmann vom Akademischen Senat der HU Berlin ist das vor dem Hintergrund dieser Studie ein „Witz“: „Die Erhöhung wird an den Zahlen der HIS-Studie nichts ändern“, sagte er. Stattdessen müsste die Regierung das Bafög auf mindestens 800 Euro erhöhen.

Und auch Kai Gehring, Sprecher für Hochschulfragen bei den Grünen, hätte sich mehr gewünscht: Die Regierung müsse die staatliche Studienförderung spürbar verbessern und ausbauen, statt Geld für ein „ungerechtes nationales Stipendienprogramm auszugeben“, sagt er.

Das ist im Koalitionsprogramm der schwarz-gelben Regierung festgeschrieben und soll begabte junge Studenten zusätzlich zum Bafög unterstützen. Kritiker meinen jedoch, das Programm sei ungerecht und zu vage. „Mit den Mitteln ließe sich das Bafög sofort um 10 Prozent erhöhen“, sagt Gehring. Und auch Uwe Steppuhn, Leiter der Abteilung Studienförderung bei der Hans-Böckler-Stiftung, findet das Stipendienprogramm problematisch: „Es ist wichtig, in Zukunft eine einkommensabhängige Förderung zu gewährleisten.“ Das Stipendienprogramm gehe da in die andere Richtung, so Steppuhn.

Im Oktober soll das Stipendienprogramm der Bundesregierung in Kraft treten; bis dahin werden 330.000 Studenten 2 Prozent mehr Bafög bekommen. Ob das zu wenig ist, wird sich zeigen – spätestens dann, wenn wieder untersucht wird, wie viele junge Menschen die Uni schmeißen, weil sie sich ein Studium nicht mehr leisten können.

Patrick Meinhardt von der FDP, Mitglied des Bundesausschusses für Bildung und Forschung, sagte der taz, dass auch er sich einen deutlicheren Schritt gewünscht hätte, eine Erhöhung um mindestens einen ganzen Prozentpunkt mehr. Im Klartext wären das dann 20 Euro zusätzlich pro Monat. So würde es außer für die Kinokarte, Popcorn und Cola sogar noch für Studentenfutter reichen.