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Archiv-Artikel

Angst vor dem „Modell Zypern“

KRISE I Eurogruppenchef Dijsselbloem schickt Börsen mit einer unbedachten Äußerung auf Talfahrt. Viele fragen sich: Werden Anleger bald überall in der EU abkassiert?

„Es war falsch von Dijsselbloem, zu sagen, was er gesagt hat“

BENOÎT COEURÉ, EZB-DIREKTORIUM

AUS BRÜSSEL ERIC BONSE

Ist Zypern ein Modell für andere Krisenländer der Eurozone? Einen Tag nach dem umstrittenen Rettungsplan für die Mittelmeerinsel ist eine heftige Diskussion über diese Frage entbrannt. Auslöser war ein missglücktes Interview von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem – und ein ungeschickter Kommentar der EU-Kommission in Brüssel. Beide schickten die Börsen auf Talfahrt – und weckten neue Zweifel an der Eurorettung.

Als Erster schlug Dijsselbloem zu. Am Montagabend sagte er der Financial Times, Zypern sei ein Modell für andere Euroländer. Anleger müssten sich künftig darauf einstellen, im Fall einer Bankenpleite massive Verluste einzufahren– in Zypern können diese bis zu 40 Prozent der Einlagen betragen.

Auch andere Finanzplätze wie Luxemburg, Malta und Slowenien müssten sich auf die neue Lage einstellen. Dies führte sofort zu Panikreaktionen an der Börse – und zu einer Kehrtwende: Dijsselbloem zog seine Äußerungen zurück und behauptet seither das Gegenteil: Zypern sei ein unvergleichlicher Einzelfall.

Damit passt er sich wieder der Berliner Sprachregelung an: Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht immer von besonderen Umständen. Doch die Rückkehr ins Glied reichte nicht aus, um die Gemüter zu beruhigen. Denn die Anleger können sich nun nicht mehr sicher sein, ob ihr Geld in Finanzparadiesen und Steueroasen wie Luxemburg und Malta, aber auch in Belgien oder den Niederlanden noch sicher ist.

Disjsselbloems Worte könnten zudem eine Kapitalflucht aus Krisenländern wie Spanien oder Italien auslösen, fürchtet man bei der Europäischen Zentralbank in Frankfurt. Die EZB gab Dijsselbloem daher noch einen auf den Deckel: „Es war falsch von Herrn Dijsselbloem, zu sagen, was er gesagt hat“, schimpfte EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré am Dienstag im französischen Sender Europe 1. „Die Erfahrung mit Zypern ist kein Vorbild für den Rest der Eurozone, weil die Situation ein Ausmaß erreicht hatte, das mit keinem anderen Land vergleichbar ist.“ Dann sorgte jedoch die EU-Kommission für neue Unruhe. Die Brüsseler Behörde distanzierte sich zwar auch von Dijsselbloem, fügte aber hinzu, dass Spareinlagen über 100.000 Euro im Fall einer Bankpleite konfisziert werden können. „Die Diskussion darüber läuft aber noch, es gibt dazu noch keine Einigung“, sagte eine Sprecherin von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Doch es half alles nichts: Die Anleger sind verunsichert, das „einzigartige Modell Zypern“ sorgt derzeit weltweit für neue Ängste.

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