Rating „BB-“ für Kurznachrichtendienst: @Twitter ist nur #Ramsch

Die Rating-Agentur Standard & Poor's hält wenig von Twitters aktuellem Kurs. Und vergibt schlechte Noten – mit gutem Grund.

User finden Twitter hip, Werber und Rating-Agenturen total uncool. Bild: dpa

BERLIN taz | Twitter ist nicht nur Plausch und Popkultur, Twitter ist auch Ramsch. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls die Rating-Agentur Standard&Poor’s bei der Bewertung einer der Social Media-Firma. „BB-“ lautet das Rating der Agentur für die Firma, „stabil“ sei die Erwartung für die Zukunft.

Stabiler Ramsch, obwohl überall getwittert wird? Wie kann das sein? Erst im September hatte Twitter eine Anleihe ausgegeben, 1,8 Milliarden Dollar eingesammelt um weiter zu expandieren.

Und genau das ist bei dem populären Social-Media-Dienst das Problem. Ganz wie bei Facebook wachsen bei Twitter die Ausgaben schneller als die Einnahmen. Doch Expansion mit Fremdkapital, das sehen die Experten nur dann gerne, wenn klar ist, dass das Geld auch wieder hereinkommt. Während Facebook gewaltige Einnahmen, vor allem aus dem Werbegeschäft, positiv verbuchen kann, sind die Einnahmen bei Twitter noch viel zu klein.

Im Internetdienste-Markt dreht sich fast alles um die Erwartungshaltung, wie schnell eine Firma wächst und was damit in mittlerer Zukunft an Einnahmen winken könnte. Hier reicht es wohl für die Ratingagenturen nicht aus, wie Twitter seit acht Jahren eine goldene Zukunft zu versprechen, wenn die Bonanza für das Kerngeschäft nach wie vor nicht in Sicht ist.

Bei Werbetreibenden gilt Twitter als exotisch

Anders als im bereits etablierten Facebook-Werbemarkt, der von Mediaagenturen und Werbetreibenden inzwischen wie selbstverständlich als ein Kanal zur Werbebuchung betrachtet wird, gilt Twitter weiterhin als eher exotisch. Derzeit ist das Werben auf Twitter für viele der potenziellen Kunden noch nicht etabliert. Lassen sich Anzeigen dort nur genau so gut oder besser als bei Facebook platzieren? Immerhin wird Twitter – anders als Facebook – auch stark von Nutzern frequentiert, die keinen Account dort haben oder zumindest nicht eingeloggt sind. Die will Twitter künftig stärker „hereinbitten“ – um damit auch mehr Daten über deren tatsächliche Interessen haben zu können.

Auch an anderer Stelle versucht Twitter mehr Einnahmen zu erzeugen. Ein Schritt könnte dabei sein, demnächst Produkte direkt über Anzeigen in Twitter verkaufen zu können, ein weiterer ist, dass Twitter sich stärker im Videowerbemarkt tummeln möchte. Ob sich das mit der starken Mobilnutzung des Dienstes verträgt, darüber dürfen sich die Analysten weiterhin den Kopf zerbrechen.

Für Anleger dürfte Facebook derzeit wohl eine sicherere Alternative zum kleinen blauen Vogel sein. Ob Twitter dessen Dimension jemals erreichen wird, ist fraglich. Wer also darauf spekuliert hatte, mit Twitter-Anleihen reich zu werden, sollte sich das noch einmal überlegen. Und viele institutionelle Anleger dürfen bei einer Bewertung wie der jetzigen von S&P‘s gar nicht erst in Twitter investieren, da das Risiko zu hoch bewertet wird.

Doch auch Alternativen sind keineswegs immer sicher, und das gilt nicht nur für Facebook. Wer zum Beispiel glaubt, dass Schnaps in Krisenzeiten immer Konjunktur hätte, liegt damit auch nicht zwangsläufig richtig. Die Rating-Schaffenden S&P bewerten Twitter mit BB- zum Beispiel immer noch besser als manche deutsche Mittelständler wie die Berentzen-Gruppe, die kürzlich nur ein B erhielt.

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