: „Ich bin der sein wird“
Das Rad der Geschichte dreht sich verdammt schnell. Auch wenn die Wiedervereinigung jüngste deutsche Geschichte ist, geraten die Künstler der DDR unwiderruflich in Vergessenheit. In welchem Deutsch-Leistungskurs liest man heute noch Wolf Biermann, Christa Wolf – oder Heiner Müller? Der bedeutendste Dramaturg des Ostens starb vor zehn Jahren. Zeit seines Lebens spiegelte sich sein gespaltenes Verhältnis zu seiner Heimat wider; oft in der Verarbeitung antiker und klassischer Motive, die im starken Gegensatz zum sozialistischen Realismus der parteikonformen Künste standen. Nach der Wende war Müller als Regisseur und Lyriker aktiv. Als Dramaturg war ihm der Kapitalismus zu langweilig. Anlässlich seines Todestages veranstaltet das Literaturforum einen Lese- und Filmmarathon. Von 10–18 Uhr gibt es heute Lesungen, die sich im Besonderen mit der Rolle des Autors und des Lesenden auseinander setzen. Um 20 Uhr finden sich prominente Künstler und Freunde Müllers zur Lesung ein – unter ihnen Volker Braun, Gregor Gysi, Hartmut Lange und Müllers zweite Frau Ginka Tscholakowa. Morgen folgt, ebenfalls von 10–18 Uhr, eine Reihe von Filmen, die für Heiner Müller besondere Bedeutung hatten – etwa Viscontis „Rocco und seine Brüder“ oder Kazans „Die Faust im Nacken“.