: Alles schon in Ordnung so
Am Anfang war nur so ein dumpfes Gefühl. Dass nämlich im Metal sich die Bands am liebsten um das M gruppieren: Metallica, Motörhead, Marilyn Manson, Mastodon, Mayhem (spielen am Sonntag in der Volksbühne), Manowar (spielen am Dienstag im Tempodrom) und so weiter … aber auch ein dumpfes Gefühl will Gewissheit, und bei solchen Anlässen sucht man Rat im allwissenden Netz. Das einem dann gleich mit den ersten Klicks vor Augen führt, wie unterkomplex man gedacht hat. Mit einem schnellen Auszählen der M-Metal-Bands ist da nämlich nichts, weil Metal längst in die unterschiedlichsten Stilrichtungen aufgesprengt ist und die Bands penibel auf diversen Listen geführt werden, gegenüber denen sich die Parteienlandschaft der Weimarer Republik als ein seliger Hort der Einheit ausnimmt.
Es gibt Doom-Metal, Dark Metal, Death-Metal, Christen-Metal, Nazi-Metal, Heiden-Metal, Glam-Metal, Trash-Metal, Black Metal (hier werden Mayhem geführt), die New Wave of British Heavy Metal, True Metal (die Spielart von Manowar), Folklore-Metal … was alles nach einem Ergänzungsband zu der gerade von Umberto Eco vorgelegten Kulturgeschichte „Die unendliche Liste“ schreit. Und notfalls werden die Listen in Unterlisten verfeinert wie „norwegische Bands, die bereits Kirchen niedergebrannt haben“, „norwegische Bands, die noch keine Kirchen niedergebrannt haben“ und „Bands, die das gar nicht tun wollen“.
Es ist der Wahnsinn.
Und er ist als Geheimreich nur ein Klick entfernt von der allgemeinen Aufmerksamkeitsschwelle auch des Feuilletons, das Metal als wirkliches Thema am liebsten angeht, wenn bei den musikalischen Liebschaften eines jugendlichen Amokläufers wieder mal Metal-Bands gefunden wurden. Kurz schaut man dann verwundert auf eine Subkultur, die sich einfach wegduckt und stur weiter an der Verfeinerung ihrer Systematiken arbeitet und eine Musik bis ins Groteske ausdifferenziert, die für Außenstehende nur der tupfengleiche Lärm ist. Diese Lust am buchhalterischen Sortieren mag daran liegen, dass Metal (und darin ähnlich in der Ausdifferenzierung die elektronische Tanzmusik) ein fast nur von Fans selbst verwalteter Bezirk ist, der unverdrossen in immer neue Parzellen umgebrochen wird.
Das dumpfe Gefühl eingangs übrigens trog: M liegt den Metal-Bands zwar durchaus am Herzen (5.197 Einträge), aber noch mehr Bands tummeln sich unter D (6.381 Einträge), A (6.463 Einträge) und S (7.926 Einträge). Was die Encyclopaedia Metallum (Stand Donnerstag) weiß. Hier unter www.metal-archives.com kann man gut ein ganzes Leben verbringen. THOMAS MAUCH