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Archiv-Artikel

Panzer verschwunden

Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass die Bundeswehr militärisches Gerät für 570 Millionen Euro verschlampt

BERLIN taz ■ Wenn die Bundeswehr eine Autovermietung wäre, hätte sie längst keine Wagen mehr auf dem Parkplatz stehen. Jedes Jahr verleiht die Armee für Forschungszwecke Panzer und Waffensysteme an Unternehmen. Eine genaue Buchführung über die Leihwaffen hält beim Militär aber offenbar niemand für nötig. Die Bundeswehr könne nicht sagen, wo sich verliehenes Wehrmaterial im Wert von 570 Millionen Euro befinde, kritisierte der Bundesrechnungshof gestern bei der Vorstellung seines Jahresberichts.

„Aus unserer Sicht sollte die Bundeswehr schon wissen, wer die Panzer hat und wo sie sich befinden“, sagte Dieter Engels, Präsident des Bundesrechnungshofs. Bei dem überlassenen Material handle es sich schließlich um gefährliche Waffen – und ganz nebenbei um erhebliche Vermögenswerte.

Die Ausrede des zuständigen Bundesamts für Wehrtechnik überzeugt die Rechnungsprüfer nicht. Weil Amt und Streitkräfte unterschiedliche Computersysteme haben, gebe es Probleme mit der Überwachung der Leihwaffen, lautet die Begründung. Das Bundesministerium für Verteidigung hat nun zugesagt, die „Bestandsdifferenzen zügig zu klären“.

In seinem Jahresbericht listet der Rechnungshof erneut zahlreiche Fälle unwirtschaftlichen Handelns in der öffentlichen Verwaltung auf. „Wie hoch die Einsparsumme insgesamt sein könnte, lässt sich aber nicht genau benennen“, sagte Engels.

Aus dem 220 Seiten starken Bericht pickte der Rechnungshof-Präsident jedoch zehn besonders offensichtliche Fälle von Verschwendung heraus. Die Liste reicht dabei von verschwenderischen Straßenbauprojekten in Brandenburg bis zur Steuerbegünstigung der Personenschifffahrt. Allein bei den von Engels genannten Fällen hätte der Bund im vergangenen Jahr rund eine Milliarde Euro einsparen können. Der Rechnungshof forderte zudem Bund und Länder zu einer raschen Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen auf. „Die oft gegensätzlichen Interessen und die starke Verflechtung von Aufgaben kosteten jedes Jahr hohe Summen“, sagte Engels „Das geht vor allem zu Lasten des Bundes.“

Neben der Buchführung der Bundeswehr wunderten sich die Prüfer vor allem über eine „Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Wehrmachtsoldaten“. Diese Behörde wurde 1951 gegründet, um den Standesämtern Sterbefälle von Wehrmachtsangehörigen zu bestätigen.

Womit sich die Dienststelle nun über 60 Jahre nach Kriegsende noch beschäftigt, ist jedoch unklar. Offenbar neigt die Behörde dazu, sich selbst Arbeit zu beschaffen. „Die Aufgaben der Dienststelle sind nirgendwo im Einzelnen festgelegt“, kritisierte Rechnungshof-Präsident Engels. Auf Anfrage des Rechnungshofes hieß es, die ursprüngliche Aufgabe sei noch nicht abgeschlossen, da die Dienststelle erst ab 1990 vorher unzugängliche Archivdaten in Osteuropa bearbeiten könne. Der Bund finanziert die „Deutsche Dienststelle“ mit ihren knapp 400 Beschäftigten jedes Jahr mit rund 19 Millionen Euro. JAN PFAFF