: „Keine Verfolgungszuständigkeit“
Bundesanwaltschaft sieht im CIA-Vorgehen keine „politisch motivierte Straftat“
Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestreitet, im Fall des entführten Deutsch-Libanesen Khaled el-Masri zuständig gewesen zu sein. „Wir sehen im Moment keine Anhaltspunkte für unsere Verfolgungszuständigkeit“, sagte gestern Behördensprecherin Frauke-Katrin Scheuten zur taz. Der Tatbestand der Verschleppung liege „in unserer Definition nicht vor“. Zwar werde der Begriff der Verschleppung in den Medien genutzt, mit dem Straftatbestand der Verschleppung habe dies aber „nichts zu tun“. Nur weil ein Staat sich nicht ganz rechtsstaatlich verhalte, „ist das noch keine politisch motivierte Straftat“. Als Erster erfuhr der frühere Innenminister Otto Schily (SPD) von der Entführung Khaled al-Masris. An Pfingstmontag, dem 31. Mai ersucht der US-Botschafter Dan Coats um ein vertrauliches Treffen mit dem deutschen Minister. Das Treffen wird nur bekannt, weil die Washington Post wenige Tage vor dem Dezemberbesuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice in Deutschland darüber berichtet. Die Gesprächspartner vereinbaren Stillschweigen – bis heute sind Einzelheiten aus dem Gespräch unbekannt. Zum Zeitpunkt des Treffens soll der Entführte al-Masri seit zwei Tagen wieder auf freiem Fuß sein.
Das Auswärtige Amt erfährt am 8. Juni mit Schreiben von Al-Masri-Anwalt Gnjidic von der CIA-Affäre. Parallel schreibt der Anwalt ans Kanzleramt. Am 2. 7. meldet sich dieses bei Gnjidic und sagt, „dass die Bundesregierung alle geeigneten Maßnahmen getroffen hat“.
Kurz nach Eingang des Schreibens wird der Fall al-Masri Thema der „nachrichtendienstlichen Lage“ – einem wöchentlichen Treffen der Spitzenvertreter aus Justiz- und Innenministerium, der Geheimdienste und des Bundeskriminalamtes.
Am 14. Juni bekommt Generalbundesanwalt Kai Nehm den Vorgang auf den Tisch. Nehm entscheidet vier Tage später, dass es sich im Fall al-Masri um Freiheitsberaubung und nicht um politische Verfolgung handele. Nehm unterrichtet das Justizministerium, die Akte geht anschließend an die Staatsanwaltschaft in München. Der dortige Staatsanwalt Hofmann hat bis heute noch keine offizielle Information darüber, dass hinter der Entführung al-Masris die CIA steckte. WOLFGANG GAST