Kenyatta wird als Präsident bestätigt

KENIA Der Oberste Gerichtshof erklärt die Wahlen für ordnungsgemäß. Im Land bleibt es weitgehend ruhig. Der Staatschef, gegen den eine ICC-Anklage vorliegt, muss nun die gespaltene Bevölkerung einen

Telefongesellschaften löschten nach den Wahlen täglich 300.000 Hatemails

AUS NAIROBI ILONA EVELEENS

NAIROBI taz | Uhuru Kenyatta hat zwar offiziell die kenianischen Präsidentschaftswahlen gewonnen, doch der eigentliche Sieger ist die Justiz. Der Oberste Gerichtshof bezeichnete am Samstag den Urnengang von Anfang März als transparent und fair und wies alle Wahlanfechtungen zurück. Alle Parteien akzeptierten die Entscheidung. Abgesehen von einigen Ausschreitungen der Anhänger des unterlegenen Kandidaten Raila Odinga entspannte sich die Lage am Sonntag weitgehend.

Jahrzehntelang herrschte in Kenia ein Klima der Straflosigkeit für Politiker. Nach herrschender Überzeugung war es billiger, einen Richter zu schmieren, als einen Anwalt anzuheuern. Aber der Menschenrechtsanwalt Willy Mutunga ging seit seiner Berufung zum Obersten Richter vor knapp zwei Jahren gegen das korrupte System vor. Seither ist das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz weitgehend wiederhergestellt. Die Säuberungen innerhalb des Apparats haben auch eine positive Auswirkung auf die Anwaltschaft. Während der Sitzung des Obersten Gerichtshofs zeigte eine kleine Armee von Anwälten ihre Talente.

Zahlreiche Kenianer verfolgten die einwöchigen Beratungen vor dem Fernseher. Viele glauben nun, das ihre eigene Justiz jetzt besser funktioniert als der International Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag. Dort muss sich Kenyatta im Juli wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Ihm und seinem Vizepräsidenten William Ruto wird vorgeworfen, die Gewaltausbrüche nach den Wahlen von 2007 geschürt zu haben. Dabei kamen mehr als 1.300 Menschen ums Leben. Kenyatta und Ruto bestreiten die Vorwürfe.

Damals gingen die Opfer der Gewalt davon aus, vor der kenianischen Justiz keine Gerechtigkeit zu bekommen. Der Strafgerichtshof in Den Haag erschien als die bessere Alternative. Aber fünf Jahre ließ der ICC die Vorwürfe gegen drei von sechs Angeklagten fallen. ICC-Anklägerin Fatou Bensouda beschwerte sich über mangelnde Mitarbeit der kenianischen Behörden, Bestechungen und den Tod von Zeugen. „Unsere Politiker sind nun mal sehr gerissen und Kenyatta und Ruto werden auch mit knapper Not davonkommen“, heißt es spöttisch in Kenia.

Doch Kenyatta hat nicht nur mit dem ICC zu kämpfen. Zu Hause steht er vor den großen Herausforderungen, die gespaltene Bevölkerung miteinander zu versöhnen. Die Wahlen am 4. März haben die Kenianer mehr oder weniger entlang ethnischen Linien gespalten. Kenyatta verspricht zwar, ein Präsident für die mehr als vierzig Völker des Landes zu sein und Abgeordnete aus deren Reihen in seine Regierung zu berufen. Aber in Kenia herrscht die Einstellung vor, dass die Politiker ihr eigenes Volk bei der Postenvergabe vorziehen und bei der Entwicklung des Landes begünstigen.

Dieses Mal artete die Wahl zwar nicht in ethnische Gewalt aus, aber im Cyberspace tobt eine heftige Debatte. Über Facebook, Twitter und Handys werden ethnischer Hass, Schimpfkanonaden und Drohungen verbreitet. Telefongesellschaften löschten kurz nach den Wahlen täglich ungefähr 300.000 Nachrichten, in denen Wörter wie „umbringen“, „Tod“ und „Buschmesser“ vorkamen. Kenyatta, der in den USA Politologie und Wirtschaft studiert hat, steht in dem Ruf, intelligent, aber kein harter Arbeiter zu sein. Er wird aber seine ganze Energie benötigen, um die Bevölkerung zu einen und sich gleichzeitig gegen die ICC-Anklagen zu verteidigen.