: „In Bayern muss dringend nachgehakt werden“
Der Anwalt Udo Kauß hält es für wahrscheinlich, dass Länderbehörden Informationen über den entführten Khaled al-Masri an die CIA lieferten
taz: Herr Kauß, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat erklärt, Bundesbehörden hätten keine Beihilfe zur Verschleppung des deutschen Staatsbürgers Khaled al-Masri durch die CIA geleistet. Ist die Bundesregierung damit aus dem Schneider?
Udo Kauß: Auffällig ist, dass Steinmeier immer von Bundesbehörden spricht. Polizei und Verfassungsschutz gibt es aber auch auf Landesebene.
Könnte es sein, dass der bayerische Verfassungsschutz Informationen über den Neu-Ulmer al-Masri an die CIA weitergegeben hat?
Hier muss in Bayern dringend nachgehakt werden. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass die CIA-Leute bei den Befragungen al-Masris sehr gut über die Islamistenszene in Neu-Ulm informiert waren – obwohl sie al-Masri angeblich doch nur aufgrund einer Namensverwechslung entführt hatten. Da spricht viel dafür, dass dieses Wissen von deutschen Geheimdiensten, wahrscheinlich auf Länderebene, geliefert wurde.
Angenommen, die bayerischen Verfassungsschützer hätten die CIA tatsächlich mit Informationen über al-Masris Kontakte zur Islamistenszene versorgt. Wäre das Beihilfe zu einer Straftat der CIA-Leute?
Das hängt davon ab, wann die Informationen geflossen sind. Wenn die CIA solche Daten schon erhalten hat, als al-Masri noch in Mazedonien festgehalten wurde, und sie dann erst entschied, den Gefangenen in Afghanistan in die Mangel zu nehmen, dann könnte das eine Beihilfe sein. Aber auch falls Informationen erst während des Aufenthalts al-Masris in Afghanistan geflossen sind, könnte dies zu einer Verlängerung der Freiheitsberaubung geführt haben. Hier muss man aber vorsichtig sein: Wenn die Dienste Informationen geliefert haben, um die Amerikaner von der Harmlosigkeit al-Masris zu überzeugen, dann haben sie sich auch nicht strafbar gemacht, denn dann fehlt der Vorsatz, al-Masri zu schaden.
Sicher ist, dass deutsche Sicherheitsbehörden den aus Bremen stammenden Türken Murat Kurnaz im Lager Guantánamo verhört haben. Außerdem soll das Bundeskriminalamt den Deutschsyrer Mohammed Zammar, den die CIA in einen syrischen Folterknast verschleppten, dort befragt haben. Nutzt die Bundesregierung damit die Früchte amerikanischer Rechtsbrüche, die sie sonst wortreich anprangert?
Diese Gefahr besteht natürlich. Aber auch hier kommt es auf die Intention der deutschen Beamten an. Ich würde nicht von vornherein ausschließen, dass sie sich auch für eine gute Behandlung der Betroffenen eingesetzt oder den Amerikanern Argumente für eine Freilassung geliefert haben.
Innenminister Wolfgang Schäuble kündigte im Bundestag an, solche heiklen Befragungen sollten künftig nur noch vom Bundesnachrichtendienst und nicht mehr vom Bundeskriminalamt vorgenommen werden. Was haben die Betroffenen davon?
Wenn das BKA bei einem derartigen Verhör Informationen über Straftaten erhält, muss es nach dem Legalitätsprinzip ermitteln. Für den BND gilt dagegen das Opportunitätsprinzip, er kann solche Hinweise auch auf sich beruhen lassen. Das BKA müsste also Informationen, die es von einem möglicherweise misshandelten Gefangenen erhält, auch gegen diesen oder andere Beschuldigte einsetzen; damit würde allerdings das weltweite Folterverbot unterlaufen. Was für Schäuble aber vielleicht noch wichtiger ist: Der BND könnte auch Straftaten anderer Geheimdienste und die deutsche Hilfe dazu einfach ignorieren.INTERVIEW: CHRISTIAN RATH