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Archiv-Artikel

portrait Einer, der seinen Auftrag wörtlich nahm

Der Drogenbeauftragte der thüringischen Stadt Jena, Ralph Wiechmann, hat seinen Job sehr ernst genommen. Er hat Aufklärungsarbeit betrieben, einen Elternkreis drogengefährdeter und drogenabhängiger Jugendlicher gegründet und war in der Drogenszene unterwegs, um Präventionsarbeit zu leisten. Jetzt ist er ins Visier der Ermittler geraten. Bei einer Wohnungsdurchsuchung fand die Polizei geringe Mengen Haschisch, etwa 150 Tabletten des Schlaf- und Beruhigungsmittels Diazepam, eine Ecstasytablette und eine geringe Menge des Rauschgifts Chrystal. Am Mittwoch hat der Oberbürgermeister von Jena, Peter Röhlinger (FDP), ihm fristlos gekündigt.

Anlass der Wohnungsdurchsuchung Ende November war nach Angaben der Staatsanwaltschaft Jena ein länger bestehender Verdacht gegen Wiechmann wegen Beihilfe zum gewerbsmäßigen Drogenhandel. Wem der 41-Jährige Beihilfe geleistet haben soll? Da geht es pikant weiter. Einer Praktikantin, die er im September eingestellt hat. Die 21-Jährige sitzt wegen Verdunklungsgefahr in Untersuchungshaft. Ihr wird gewerbsmäßiger Handel mit Drogen vorgeworfen.

Der Jenaer Bürgermeister begründet die Kündigung von Wiechmann, der vor zweieinhalb Jahren eingestellt wurde, mit vier Punkten. Erstens: Mit dem strafbaren Besitz von Drogen und rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Zweitens: Mit dem Vorwurf, „ohne Aufklärung des Personalamts die Einstellung einer Praktikantin vorgeschlagen zu haben, deren Drogensucht und deren Verstrickung in den Rauschgifthandel ihm bekannt war“. Die Praktikantin habe Zugang zu vertraulichen Daten des Gesundheitsamtes aus der Drogenszene gehabt. Drittens: Mit dem Verdacht, Wiechmann habe Beihilfe zu dem strafbaren Drogenhandel seiner Praktikantin geleistet. Last, but not least: Er habe trotz eines erteilten Hausverbotes seine Diensträume betreten.

Rechtsanwalt Bernd Rettig, der Kündigungsschutzklage erheben will, sagte zur taz, dass sein Mandant bei einer Anhörung vor der Kündigung „detaillierte und überzeugende Antworten und Begründungen gegeben“ habe. Dabei wollte es der Anwalt bewenden lassen. „Um das Klima nicht noch mehr zu vergiften.“ Wiechmanns Arbeit beschreibt er so: „Er ist ein Mensch, der nicht nur Sesselfurzerei betrieben, sondern seinen Job ernst genommen hat. Wenn jemand viel Kontakt mit Menschen hat, dann birgt das natürlich Gefahren.“ Wiechmann, der die Vorwürfe abstreitet, hatte in der lokalen Presse gesagt, er gehe davon aus, dass „Aussagen aus dem Drogenmilieu außerhalb Jenas“ zu den Ermittlungen gegen ihn geführt hätten.

BARBARA BOLLWAHN