DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Vertrieben aus den 50ern

WAS SAGT UNS DAS? Peter Altmaier rät seiner Partei, der CDU, sie solle nicht auf schrille Randgruppen hören. Geht der Umweltminister etwa auf die Homosexuellen los?

Ein Adjektiv, in der Tageszeitung Die Welt geäußert, durch den Nachrichtenschnipseldienst Spiegel Online weitergetragen, hat für Verwirrung gesorgt – weil das Wort Umweltminister Peter Altmaier zugeschrieben wird. Der nämlich antwortete in einem Interview in dem Blatt aus dem Springer Verlag auf die Frage, ob die „Union ganz auf konservative Stammwähler setzen“ solle, „wie die CSU verlangt“, dies: „Die CDU war in ihren besten Zeiten immer eine Volkspartei. […] Lager- oder Stammwählerwahlkampf sollte man vermeiden.“ So weit, so gut und schön. Dann aber der Satz: „Man sollte aber auch nicht schrillen Einzelgruppen hinterherlaufen.“

Schrill? Sagte das nicht neulich CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt im Hinblick auf das Ansinnen etlicher Unionspolitiker, die CDU möge in puncto Gleichstellung homosexueller Paare freisinniger agieren, nicht abwehrend – und sagte er nicht „schrill“, um Schwule und Lesben als zu laut, hysterisch und fordernd zu entwerten? Schrill also wie – paradiesvogelhaft, unkonservativ, unschicklich, peinlich?

Altmaier, der Klügste unter den klugen Konservativen, dementierte übrigens via Twitter, er habe Homodinge mit schrill attributieren wollen – und das hätte man sich gleich denken können. Der Umweltminister weiß vielleicht dies: Die CDU wird erfolgreich sein, integriert sie cool alle Ansinnen des Familiären, also auch die von Homosexuellen.

Altmaiers Bemerkung zielte womöglich auf zeitgenössische Paradiesvögel wie Erika Steinbach oder andere Vorgestrige, die noch von Inquisitionen gegen Homos träumen und Vertriebene aus den moralischen Welten der Fünfziger sind: Sie sind die Schrillen. Sie stören den konservativen Frieden. JAF