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Archiv-Artikel

„Gefühl von Fremdheit“

KIDS Ein kultivierter Wolf spielt die Hauptrolle im deutsch-türkischen „Bilderbuchkino“ in der Vahr

Von SCHN
Emin Gümüslü

■ ist Lehrer und Sozialpädagoge und veranstaltet einmal im Monat gemeinsam mit zwei Kolleginnen des Vereins „Bildung für Alle“ das Bilderbuchkino.

taz: Herr Gümüslü, was ist ein Bilderbuchkino?

Emin Gümüslü: Wir projizieren die Seiten eines Bilderbuches, in diesem Fall „Der kultivierte Wolf“, auf eine Leinwand, damit die Kinder in Ruhe schauen können, und gleichzeitig lesen wir die Geschichte vor.

Gestartet haben Sie die Reihe auf türkisch – warum findet sie mittlerweile zweisprachig statt?

Wir wollten die Kinder am Anfang über ihre Muttersprache erreichen. Dann haben wir aber festgestellt, dass auch die Kinder aus türkischen Familien manche Sachen nicht verstanden haben. Außerdem ist es toll, die Schönheit einer Geschichte in zwei Sprachen zu übermitteln. Das baut das Gefühl von Fremdheit ab – auch Deutsche lernen so, dass hier Menschen aus einer anderen Kultur und mit einer anderen Muttersprache leben. Und wir wollen natürlich auch, dass die Kinder Deutsch lernen.

Tun sie das nicht bereits im Kindergarten und in der Grundschule?

Ich glaube, es ist wichtig, auch außerhalb staatlicher Institutionen Sprache und das Gefühl von Gemeinsamkeit zu vermitteln. Ich war lange als Schulsozialarbeiter tätig und habe festgestellt, dass in Deutschland geborene türkische und sogar kurdische Kinder zum Beispiel beim Fußball immer für die Türkei waren – das ist ein Zeichen dafür, dass sie sich in Deutschland fremd fühlen. Wir wollen ihnen dieses Gefühl so früh wie möglich nehmen.

Wer sucht die Bilderbücher aus und wer übersetzt sie?

Die Geschichten kommen alle aus der Stadtbibliothek, und richtig übersetzen muss man sie gar nicht. Wir lesen sie auf Deutsch und erklären sie dann auf Türkisch. INTERVIEW: SCHN

16 Uhr, Stadtbibliothek Vahr