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Archiv-Artikel

„Berlin kämpft um ein eigenes Gesicht“

DEBUT Bobby Kolade kam 2005 aus Kampala nach Berlin und studierte in Weißensee Modedesign. Heute zeigt er seine erste Kollektion, in der Lubugo, das ugandische Rindentuch, eine wichtige Rolle spielt

INTERVIEW: BRIGITTE WERNEBURG

taz: Herr Kolade, können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie das erste Mal nach Berlin kamen?

Bobby Kolade: Oh ja! Sehr genau. Ich kam mit Freunden aus Süddeutschland im Auto nach Berlin. Ich weiß noch genau, wie wir durch die Pallasstraße fuhren, unter dem Sozialpalast durch, neben dem Bunker. Ich war ziemlich beeindruckt. Und verwirrt. Was ist das für eine Stadt, dachte ich. Hauptstadt? Metropole? Da hatte ich Wolkenkratzer erwartet. Es war eine wunderschöne Zeit. Ich war offen für alles. Ich wusste nicht, was jetzt kommt. Ich habe damals kein Wort Deutsch gesprochen.

Sie sind damals direkt aus Afrika gekommen?

Ja, ich war zuvor nie in Europa. Ich kam aus Uganda, aus Kampala.

Dann waren Sie großstädtisches Leben gewohnt.

Ja. Aber Kampala und Berlin, das sind zwei sehr unterschiedliche Großstädte.

Wenn Sie heute auf Berlin schauen, was sind die spezifischen Vorteile, hier Mode zu machen?

Ich war zwei Jahre in Paris, bevor ich jetzt mit der Kollektion angefangen habe. Ich glaube nicht, dass wir dieses Interview in Paris geführt hätten. Es ist zeitlich unmöglich, so etwas hinzukriegen, für die Presse und überhaupt für den Markt. Es gibt dort einfach viel zu viel. Der Vorteil von Berlin ist also, dass die Modeszene noch sehr jung ist und es noch Platz gibt für neue Sachen. Berlin baut noch immer auf. Das ist eine wahnsinnig gute Stimmung, wenn man das aufgreift. Das kann man sehr gut in die Kleidungsstücke und die Mode übersetzen.

Und was sind die spezifischen Risiken?

Der Nachteil ist, dass Berlin an anderen Modemetropolen gemessen wird. Wenn ein Kunde hier viel Geld ausgibt, dann will er die großen Marken aus Frankreich und Italien, die er schon kennt. Ich weiß nicht, ob er oder sie sich trauen wird, junge Berliner Mode zu kaufen. Berlin kämpft noch um ein eigenes Gesicht.

Wie sind Sie zur Mode gekommen?

Die Wahrheit ist: ich bin schon in Uganda immer zur Schneiderin gelaufen und habe sie die Sachen zusammennähen lassen, die ich gebastelt habe. Aber mir war nicht klar, dass man das studieren, dass man damit Karriere machen kann. In Weißensee habe ich erst Kommunikationsdesign studiert. Aber ich hing ständig bei den Modedesignern rum. Kurz vor dem Vordiplom war mir klar, ich muss wechseln. Glücklicherweise gab es die Möglichkeit.

Afrika ist der kommende Modekontinent. Alle Welt spricht von nigerianischen Designern wie etwa Doru Oluwo, dessen Kundin Michelle Obama ist.

Ja, das hätte mir mal einer vor sieben Jahren sagen sollen! Ich finde es super, dass die afrikanischen Designer es schaffen, traditionelle Werte in etwas ganz Modernes zu übersetzen, das man heute anziehen kann, ohne dass es nach Kunsthandwerk ausschaut.

Das gelingt Ihnen auch – mit dem ugandischen Baumrindentuch. Was hat es mit dem Lubugo auf sich?

Die Rinde des Mutuba-Feigenbaums kann jedes Jahr neu vom Baum abgezogen werden, weil sie nachwächst. Die Rinde wird bearbeitet und ergibt unterschiedlich starke Stoffe, die eine ganz individuelle Faserstruktur haben. Deshalb habe ich auch ein Siebdruckmotiv aus dem Stoff gemacht. Um auf die Schönheit der Struktur aufmerksam zu machen. Und so kann ich das Individuelle doch reproduzieren.

Kommt noch etwas aus Afrika?

Ein Konzept: Manchmal zerfasert das Baumrindenvlies an einer dünnen Stelle und dann nähen die Frauen in Uganda das Stück wieder zusammen. Das ergibt eine interessante, schmückende Naht. Dieses Prinzip habe ich übernommen. Ich arbeite ganz bewusst mit meinen Fehlern. Wenn ich etwas mache und merke, oh, das passt jetzt nicht, dann versuche ich das nicht gleich wegzuwerfen, sondern es einzubauen und zu verstärken.

Was möchten Sie mit Ihrer Debutkollektion erreichen?

Ich glaube, am glücklichsten wäre ich, wenn das Publikum mich versteht. Wenn meine Gedanken es interessieren und es sich deshalb ein bisschen Zeit nimmt, um sich die Sachen genauer anzuschauen. Und dann habe ich die Vorstellung von einer besonderen Art von Frau im Kopf, die es nur in Berlin gibt: Ich hoffe, dass sie im Publikum ist. Überhaupt freue ich mich, die Frauen kennenzulernen, die von meiner Mode angesprochen werden.

Bobby Kolade Herbst/Winter 2013/14, The Wye, Skalitzer Str. 86, heute, 20.30 Uhr