: Von Hamburg lernen …
VORBILD Beim Hamburger Terrorprozess gegen einen Helfer der 9/11-Attentäter war fast die Hälfte der Medienplätze für internationale Journalisten reserviert
FREIBURG taz | Von diesem Beispiel hätte das Münchener Oberlandesgericht (OLG) einiges lernen können. In den Prozessen gegen den islamistischen Terrorhelfer Mounir el Motassadeq zeigte das Hamburger OLG nahezu mustergültig, wie man einen Prozess mit großem internationalem Medieninteresse managt. Fast die Hälfte der Journalistenplätze waren damals für die Vertreter ausländischer Medien reserviert.
Es war der erste Prozess nach den Anschlägen vom 11. 9. 2001. Der marokkanische Student Mounir el Motassadeq, war bei den Anschlagsvorbereitungen eigentlich nur eine Randfigur, der den Attentätern ein paar Freundschaftsdienste geleistet hatte. Aber er war zunächst der Einzige, der vor Gericht gestellt werden konnte. Die eigentlichen Täter um den Hamburger Studenten Mohammed Atta waren tot. Wichtige Mitorganisatoren waren untergetaucht. Also war das Interesse der Weltpresse an Motassadeq groß. Vor allem US- Medien wollten vom Hamburger Prozess berichten.
Das Hamburger OLG reagierte umsichtig. Es reservierte 85 Plätze für Journalisten. Dabei wurden drei Kontingente gebildet: 15 Plätze für Hamburger Berichterstatter, 30 Plätze für Journalisten aus dem Rest Deutschlands und 40 Plätze für „ausländische Berichterstatter“. Für die „allgemeine Öffentlichkeit“ standen weitere 40 Sitzplätze zur Verfügung.
So wurde bei allen drei Strafprozessen gegen el Motassadeq verfahren. Die Regeln des Prozesses wurden sogar auf Englisch bekanntgemacht: „Terrorist Trial at the Hanseatic High Court“.
„Die Plätze haben damals immer gereicht“, erinnert sich ein Mitarbeiter der OLG-Pressestelle – wohl vor allem deshalb, weil el Motassadeq als „kleines Licht“ der Hamburger Terrorinfrastruktur auch wenig Sensationelles zu offenbaren hatte.
Was bleibt, ist aber das Beispiel, wie man der internationalen Presse signalisiert, dass ihre Interessen bei der deutschen Justiz gesehen werden und in guten Händen sind. Und wohl kaum jemand wird die noble Geste darauf zurückführen, dass es im Hamburger Prozess vor allem um amerikanische Opfer und arabische Täter ging.
Vermutlich sind Hamburger Richter einfach etwas weltoffener oder zumindest vorausschauender als ihre Kollegen in der bayerischen Provinzhauptstadt. CHRISTIAN RATH