HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGER
: Zeitarbeiter-Schnäppchen

Obwohl der Raum keine Fenster hat, kriegt man beim Betreten ein Gefühl der Weite. Es wird von einem Gefühl der Ohnmacht abgelöst, eine Einkaufsinsel nach der anderen, da hinten, in der Ferne, müssten die Glühbirnen und die Milchprodukte stehen, aber warum nicht noch vorher bei der Sockeninsel halt machen.

Es ist noch jemand hier gestrandet. Nachdem ich eine Weile Wollstrumpfhosen hochgehoben und abgelegt habe, fällt mir auf, dass sie offensichtlich dafür bezahlt wird, die Socken ebenmäßig anzuordnen. Sie räumt hinter mir her, ich entschuldige mich, erzähle ihr wie kalt es draußen ist. Sie pflichtet mir bei, erzählt mir, dass sie gerade ein richtig gutes Schnäppchen gemacht hat. „Was für ein Schnäppchen?“, frage ich und sie grinst mit der Genugtuung von jemandem, der gerade seinen Job für seinen eigenen Zweck ausgenutzt hat. Wie vielleicht der Platzanweiser in seinem Kino, der gerade einen tollen Film zu sehen kriegt – umsonst.

„Ich habe mir gerade Bettwäsche beiseite gelegt“, triumphiert sie. „Mit Schneemännern drauf. Die hat jetzt nur noch vier Euro gekostet, statt 8,99. Schon wochenlang schleiche ich um sie herum. Schade, dass sie nicht schon letzte Woche heruntergesetzt war, dann hätte ich noch 25 Prozent Mitarbeiterrabatt gekriegt, dann hätte sie nur drei Euro gekostet.“

Sie erzählt mir, dass sie für eine Zeitarbeitsfirma in verschiedenen Supermarktfilialen arbeitet, deswegen jeden zweiten Tag von ihrem eigenen Geld von Lüneburg nach Hamburg gefahren kommt und lieber an der Kasse sitzt, als Socken zu ordnen, das sei ein besserer Zeitvertreib. „Da ist der Chef! Mit dem gelben Hemd und der Krawatte!“, sagt sie, ordnet ein paar Socken und husch, ist sie verschwunden.