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Archiv-Artikel

Bornas aufgeschreckte Ahnungslose

Würdenträger der sächsischen Stadt demonstrieren Entschlossenheit gegen Rechtsextreme und ihr Kriegsopferkreuz

BORNA taz ■ Das für eine Kriegsopfergedenkstätte im sächsischen Borna bestellte zwölf Meter hohe Kreuz bleibt vorerst abgedeckt auf dem Hof der Metallbaufirma des Oberbürgermeisters liegen. Die Kreisstadt hat einen Baustopp verhängt. Nach einer Anhörung des Bauherren soll im neuen Jahr erneut entschieden werden. Vielleicht kann es zu einem wirklichen Zeichen des Friedens umgeschmiedet werden, wie es das Leipziger Friedenszentrum am Montagabend auf einer Bürgerversammlung im Bornaer Rathaus verlangte.

Ein rechtsintellektueller Verein namens „Gedächtnisstätte“ aus Nordrhein-Westfalen hatte das Gelände mit einem prachtvollen Verwaltungsgebäude unter dem Vorwand erworben, hier ein Textil- und Möbellager einrichten zu wollen. Seit Bekanntwerden der Hintergründe wird befürchtet, es könne ein Wallfahrtsort für Rechtsextremisten entstehen. Das Auftreten von etwa 50 Skinheads bei einer Demonstration am vergangenen Freitag scheint dies zu bestätigen. Nach langer Ahnungslosigkeit zeigen sich die regionalen Verantwortungsträger bestürzt und entschlossen. Mit dem sächsischen Innenministerium soll sogar eine Rückabwicklung des Verkaufs durch die bundeseigene Bergbau-Verwaltungsgesellschaft LMBV geprüft werden.

Spürbar war auf der Bürgerversammlung am Montag vor allem die Angst, rechtsextreme Jugendliche könnten von der Gedenkstätte angezogen werden. „Ich werde es nicht zulassen, aus Borna eine national befreite Zone zu machen“, rief Bernd Merbitz, Chef der Polizeidirektion Westsachsen. Die Region gilt als NPD-Hochburg. Schulleiter geben an, dass sich rund ein Drittel ihrer Schüler zu Nationalismus und NPD bekennt. Plötzlich erinnert man sich in der Stadt, dass Präventionsangebote ignoriert wurden. Streetworker sollen wieder aktiviert werden. Oberbürgermeister Bernd Schröter (freie Wähler) will „die rechte Szene in den Griff bekommen“.

Als Käufer der Liegenschaft war im Namen des Vereins der hochbetagte Architekt Ludwig Limmer aus Meerbusch nahe Düsseldorf aufgetreten. Dessen Frau Gisela bestreitet nun überraschend, dass ihr Mann im Namen des Vereins „Gedächtnisstätte“ auftrat. „Wir haben nichts Politisches im Sinn“, sagte sie der taz. Es solle sich nur um einen privaten Ort der Trauer handeln, der von „uralten Menschen“ besucht werde. Für jede Art von Aufmarsch bleibe das Tor „hermetisch geschlossen“. Alles andere sei von Medien und Politikern „hochgejubelter Irrsinn“.

MICHAEL BARTSCH