Gott liebt die Tanzenden

NACHRUF Der US-Dokumentarfilmer Les Blank ist tot

Als Filmemacher beschritt Les Blank bevorzugt ungewöhnliche Wege: Um beispielsweise Blues-Legende Lightnin’ Hopkins dazu zu bringen, sich nach dem Mitschnitt einer Studiosession noch weiter filmen zu lassen, setzte er sich nach Feierabend zu diesem an den Kartentisch – und mit jeder gewonnenen Runde wurde der Musiker dem Vorhaben gewogener, wie Blank Jahrzehnte später in einem Interview fürs US-Magazin Independent erzählte. Das Ergebnis seiner Bemühungen hieß „The Blues Accordin’ to Lightnin’ Hopkins“ (1969) und gilt längst als Evergreen des Musikerporträts.

Der findige Mann hinter der Kamera, Les Blank, wurde 1935 in Tampa, Florida, geboren. Nach seinem Studium ließ er sich in Kalifornien nieder und begann mit seiner Firma Flower Films mit der Produktion unabhängiger Dokumentarfilme, die oft herrlich ausladende Titel trugen: „Running Around Like A Chicken With Its Head Cut Off“ (1960), „God Respects Us When We Work, But Loves Us When We Dance“ (1968), „Garlic Is As Good As Ten Mothers“ (1980), „In Heaven There Is No Beer?“ (1984) oder „Yum, Yum, Yum! A Taste of Cajun and Creole Cooking“ (1990).

Die Filme beschäftigten sich auf radikal subjektive Weise vorrangig mit urwüchsigen musikalischen und kulinarischen Traditionen. Und sie rückten regelmäßig die Beiträge unterschiedlichster Einwanderergenerationen zur US-Kultur ins Projektorlicht.

Darüber hinaus war Blank ein Chronist jener Personen und Phänomene, für die er ein persönliches Interesse hegte. Die Filmgeschichte verdankt ihm nicht nur eine liebevolle Hommage an Frauen mit Vorderzahnlücke („Gap-Toothed Women“, 1987), sondern auch das Dokument der Einlösung einer denkwürdigen Wettschuld: Der Filmemacher Werner Herzog – dessen „Fitzcarraldo“-Dreharbeiten Les Blank später in „Burden of Dreams“ (1982), begleitete – tut darin, was der Titel sagt: „Werner Herzog Eats His Shoe“.

Blanks letztes Dokumentarfilmprojekt führte ihn nach China, wo er nunmehr digitale Filmtechnik dafür nutzte, einen US-Teeexperten bei seinen Reisen zu entlegenen Teemanufakturen zu begleiten („All In This Tea“, 2007). Wie sein – ebenfalls filmender – Sohn Harrod nun bekannt gab, ist Les Blank am Samstag, rund ein Jahr nach der Diagnose einer Blasenkrebserkrankung, 77-jährig in seinem Heim in Berkeley gestorben. Möge er sein Bier im Himmel kriegen. ISABELLA REICHER