: Akten sollen länger leben
HÄCKSEL-AFFÄRE Opposition will die rekonstruierten Schredder-Akten des Verfassungsschutzes retten
Die Opposition im Parlament fordert, die nach der Schredderaffäre des Verfassungsschutzes rekonstruierten Akten nicht erneut zu vernichten. Dies war nach dem Abschlussbericht zur Affäre vorgesehen, der am Mittwoch dem Verfassungsschutzausschuss vorgelegt wurde.
Benedikt Lux (Grüne) sagte, die Akten müssten „eingehender“ geprüft werden. Berlins Verstrickungen in den NSU-Komplex seien nicht aufgeklärt. Lux schlug vor, bis zum Ende des Verfahrens gegen Beate Zschäpe zu warten. Das beginnt kommende Woche und ist auf zwei Jahre angesetzt. Auch Hakan Tas (Linke) forderte einen Schredderstopp.
Im Juni 2012 hatte der Verfassungsschutz Akten zur Neonaziband „Landser“ vernichten lassen, obwohl sie fürs Archiv vorgesehen und NSU-Bezüge offen waren. Verfassungsschutzchefin Claudia Schmid nahm darauf den Schlapphut. Laut Bericht ließen sich 7 der 34 Landser-Dokumente aus Beständen anderer Landesbehörden rekonstruieren. Auch wurden 158 von 214 Dokumente zum Neonazi-Netzwerk „Blood and Honour“ wiederhergestellt, die 2010 fälschlicherweise vernichtet wurden.
NSU-Bezüge, so Interim-Verfassungsschutzchef Bernd Palenda im Ausschuss, seien nirgends gefunden worden. Zwar tauchten Namen von Personen aus dem Umfeld des Neonazi-Trios auf, die auf der sogenannten 41er-Liste der NSU-Ermittler stehen – sechs bei „Blood and Honour“, drei bei „Landser“. Sie würden aber nicht im Zusammenhang mit Straftaten erwähnt, sondern nur wegen Demo- oder Konzertteilnahmen. Da die Aktenkopien von den anderen Bundesländern nur zur Prüfung von NSU-Bezügen freigegeben wurden, müssten sie wieder vernichtet werden, schließt der Bericht.
Grüne und Linke bezweifeln, dass ein NSU-Bezug ausgeschlossen werden kann. „Die 41er-Liste ist nicht irgendeine, sie benennt das enge Umfeld des Trios“, sagte die Grüne Clara Herrmann. Ihre Fraktion beantragte ebenso wie die Linke Einsicht in die Dokumente. „Wer weiß, ob nicht auf den Konzerten Geld für die Untergetauchten gesammelt wurde?“, fragte Herrmann. Pirat Pavel Mayer schloss sich explizit nicht an: „Ich sehe mich nicht in der Lage, diese Aktenmenge sachgerecht zu sichten.“
Innensenator Frank Henkel (CDU) sagte Akteneinsicht zu. Verfassungsschutzchef Palenda zeigte sich ungehaltener. „Was ist für Sie eigentlich ein NSU-Bezug?“, fragte er. „Wenn es die bloße Namensnennung ist, dann hat auch das Melderegister einen NSU-Bezug.“ KONRAD LITSCHKO