Ekstase im 4. Gang

Zum Jahresende wird im taz.mag raffiniert aufgetischt: Selleriecreme, roter Butterfisch und ein genudeltes Reh

VON TILL EHRLICH

Sinnliches Genießen hat auch etwas mit Denken zu tun: Wer noch alle Sinne beisammen hat, weiß, dass gute Produkte ihren Preis haben. Deshalb: Unser Jahresendmenü regt nicht zu überwältigender Völlerei an – sondern zur Freude am raffinierten Kombinieren regionaler, natürlicher Zutaten.

Erster Gang: Selleriecremesuppe mit Bourbonvanille

Die Suppe ist Liebe auf den zweiten Blick. Sellerie, die behäbige Knolle, trifft auf feinste Aromen. Resultat ist eine weiße Cremesuppe mit winzigen schwarzen Pünktchen, sie lebt von apfeliger Frische und dem Raffinement echter Bourbonvanille. Letztere ist nicht billig, doch sie zeigt eindrucksvoll den Gegensatz zu synthetischen Aromen.

Für vier bis sechs Portionen: 1 Sellerieknolle (ca. 500 g), 2 Knoblauchzehen, 200 g Schlagsahne, 30 g Butter, 1/2 Schote Bourbonvanille, 1 mittelgroßer Apfel, Meersalz, Prise Chilipulver

1. Sellerie waschen, schälen und in zuckerwürfelgroße Stücke schneiden. Knoblauch pellen und pressen.

2. Butter in einem Topf zerlassen. Knoblauch mit den Selleriewürfeln andünsten. Salzen. Mit 1 Liter Wasser und der Schlagsahne auffüllen. Vanilleschote mit einem kleinen, scharfen Messer auf einer Seite einritzen, das Mark herausschaben und beides in die Suppe geben. Zugedeckt 20 Minuten bei schwacher Hitze leise kochen.

3. Den Apfel schälen, vierteln, Kerngehäuse ausschneiden. Die Apfelviertel in Stücke schneiden. In der letzten Minute die Apfelstücke in die Suppe geben. Topf von der Herdplatte ziehen. Vanilleschale herausnehmen. Suppe fein pürieren. Mit Salz und etwas Chilipulver abschmecken. In Portionstassen füllen und servieren.

Zweiter Gang: Butterfisch mit Rote-Bete-Püree und Zimt

Butterfisch ist ebenfalls ein unterschätzter Genuss. Die Makrelenart ist fetthaltig, doch ihr Fleisch wunderbar fest und zart zugleich. Ein Pendant zur herben Süße des Rote-Bete-Pürees. Zimt setzt hier exotische Akzente.

Für vier Portionen: 2 Butterfischfilets ohne Haut zu je 100 g, 2 französische Schalotten, 1 Knoblauchzehe, 1 EL Olivenöl, 3 Rote Bete zu je ca. 80 g, 1 Zimtstange, 100 ml Portwein, 200 ml trockener Rotwein, 1 EL milder Weinessig (zum Beispiel Sherry-Essig), Pfeffer aus der Mühle, Meersalz

1. Am Vortag die Rote Bete in Salzwasser etwa 1 Stunde bei milder Hitze im geschlossenen Topf gar kochen, pellen und abgedeckt kalt stellen. Am nächsten Tag die Rote Bete vierteln und in Scheiben schneiden. Schalotten und Knoblauch pellen. Schalotten in feine Ringe schneiden. Knoblauch pressen. Butterfischfilets quer halbieren, sodass insgesamt vier gleich große Filetstücke entstehen, und zugedeckt in den Kühlschrank stellen.

2. Olivenöl in einem Topf erhitzen. Die Schalottenringe mit dem Knoblauch andünsten. Die Rote-Bete-Scheiben und die Zimtstange dazugeben und mit dem Port- und Rotwein auffüllen. Aufkochen. Ohne Deckel bei kleiner Hitze auf die Hälfte der Flüssigkeit einkochen. Topf vom Herd nehmen. Zimtstange herausnehmen. Das Rote-Bete-Gemüse im Topf mit dem Schneidstab pürieren. Mit Salz abschmecken. Bis zum Servieren warm halten.

3. Die Fischstücke von beiden Seiten salzen und pfeffern. Eine beschichtete Pfanne erhitzen. Fischstücke hineinlegen und möglichst ohne Fett bei mittlerer Hitze etwa 3 bis 5 Minuten braten. Wenden. Weitere 3 Minuten bei kleiner Hitze braten. Essig zugeben, 1 bis 2 Minuten ziehen lassen.

4. Das Rote-Bete-Püree auf warmen Suppentellern anrichten. Butterfischstücke darauf verteilen und servieren. Dazu passt frisches Weißbrot.

Dritter Gang: Rehpfeffer mit Kürbisnudeln

Das Fleisch für den Rehpfeffer sollten Sie bei einem vertrauenswürdigen Händler kaufen. Es sollte aus einem jungen Stück geschnitten sein, so kann man sich die tagelange Wildmarinade sparen, denn sie uniformiert den natürlichen Fleischgeschmack. Die Nudeln können Sie natürlich auch selbst machen. Den Rehpfeffer können Sie bereits am Vormittag kochen.

Rehpfeffer für vier Portionen: 1 kg küchenfertiges Rehgulaschfleisch, vom Metzger geschnitten; 30 g getrocknete Steinpilze, 3 französische Schalotten, 2 Knoblauchzehen, 3 Wacholderbeeren, Korianderkörner, 1 EL Olivenöl, 200 ml Portwein, 100 g Crème fraîche, 10 g kalte Butter, Pfeffer aus der Mühle, Meersalz

1. Getrocknete Steinpilze in 300 ml Wasser einweichen. Mindestens drei Stunden abgedeckt weichen lassen. Schalotten und Knoblauchzehen pellen. Schalotten fein würfeln. Knoblauch pressen. Wacholderbeeren, Pfeffer- und Korianderkörner zerstoßen. Rehfleisch abtropfen lassen, salzen und mit den zerstoßenen Gewürzen vermengen.

2. Olivenöl in einem Topf erhitzen. Die Schalottenwürfel mit dem Knoblauch andünsten. Das gewürzte Rehfleisch darin anbraten. Die eingeweichten Steinpilze mit ihrem Fond dazugeben. Portwein zugießen. Alles zugedeckt bei milder Hitze 60 bis 90 Minuten leise kochen lassen, bis die Rehfleischstückchen weich sind. Die dabei eventuell verdampfende Flüssigkeit mit Wasser nachfüllen.

3. Deckel abnehmen. Crème fraîche zum Ragout geben. Gut umrühren. Offen noch 5 bis 10 Minuten reduzieren, bis die Soße beginnt, sämig zu werden. Topf von der Herdplatte ziehen. Die Butter in Flöckchen schnell unterrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Bis zum Servieren warm halten.

Kürbisnudeln für vier bis sechs Portionen: 250 g breite italienische Bandnudeln (Pappardelle) mit Ei, bitte beste Qualitäten (zum Beispiel von De Cecco); 1 kleiner Hokkaido-Kürbis, 2 EL Olivenöl, 30 g kalte Butter, Meersalz

1. Den Kürbis waschen und ein ca. 200 g schweres Stück abschneiden. Den restlichen Kürbis anderweitig verwenden. Vom Kürbisstück die Kerne mit einem Löffel entfernen. Kürbisfleisch auf der Haushaltsreibe grob raspeln.

2. Bandnudeln in Salzwasser kochen.

3. Inzwischen die Kürbisraspeln im Olivenöl anbraten. 20 g Butter dazugeben und alles bei schwacher Hitze etwa 3 bis 5 Minuten schwitzen.

4. Die Bandnudeln abgießen. Etwas Kochwasser auffangen und beiseite stellen. Nun muss es schnell gehen: In einer Schüssel die Nudeln mit den gebratenen Kürbisraspeln vermengen. Dabei die restliche Butter flöckchenweise unterrühren. Die Konsistenz soll sämig sein – weder zu flüssig noch zu trocken. Gegebenenfalls etwas Nudelwasser zugeben. Salzen.

5. Zum Anrichten Rehpfeffer und Kürbisnudeln je zur Hälfte auf vorgewärmte tiefe Teller geben. Servieren.

Vierter Gang: Rumbiskuit mit heißer Schokoladensoße

Das Dessert ist altmodisch, aber ein wahrer Höhepunkt. Es macht leider sehr viel Arbeit. Doch es lässt sich gut vorbereiten, und außerdem schmeckt es besser, wenn es am Vortag zubereitet wird. Der Biskuit ist eigentlich eine kleine, rumfeuchte Torte. Er lebt von schokoladiger Herbe, rosiniger Süße und schweren Rumdüften.

Für sechs Portionen: 3 Bioeier Klasse L, getrennt; 40 g Puderzucker, 1/2 TL abgeriebene Orangenschale, unbehandelt; 30 g Mehl, etwas Kakaopulver, 30 g gemahlene Walnusskerne, je 2 EL brauner Rum und Orangenlikör (zum Beispiel Grand Marnier)

Füllung: 80 g Walnusskerne, 30 g Zucker, 10 g Butter, Öl zum Bearbeiten, 50 g Rosinen, 5 EL brauner Rum, 20 g Mandelstifte, 10 g Orangeat, 1 Blatt weiße Bio-Gelatine, 250 ml kalte Schlagsahne, Mark von einer Vanilleschote, 1 TL Puderzucker, 1 EL Kakaopulver

Soße: Je 100 g dunkle Schokolade (70 Prozent Kakaoanteil), 150 ml Schlagsahne, 1 EL brauner Rum

1. Am Vortag für den Biskuit das Eiweiß mit 2 EL Wasser mit den Quirlen des Handrührers steif schlagen, dabei den Puderzucker einrieseln lassen. Eigelb und Orangenschale unterrühren. Mehl und Kakao darübersieben, mit den gemahlenen Walnüssen vorsichtig unterheben.

2. Eine kleine Springform (18 cm Durchmesser) mit Backpapier auslegen, die Masse einfüllen. Im vorgeheizten Backofen bei 180 Grad auf der 2. Einschubleiste von unten 20 bis 25 Minuten backen. Herausnehmen, auskühlen lassen. Biskuit vorsichtig aus der Form lösen. Papier abnehmen. Biskuit waagerecht halbieren. Rum und Likör mischen, die Böden damit beidseitig einpinseln.

3. Für die Füllung 30 g Nüsse grob hacken. Zucker in einer Pfanne karamellisieren, Butter unterrühren. Gehackte Nüsse untermischen, auf ein geöltes Backblech streichen. Erkalten lassen, fein hacken.

4. Rosinen in 4 EL Rum einweichen. Mandelstifte und restliche Walnüsse ohne Fett goldgelb rösten und abgekühlt grob hacken. Orangeat fein hacken.

5. Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Sahne, Vanillemark und Puderzucker steif schlagen. Nüsse, Mandeln, Orangeat und Krokant unterheben. Gelatine ausdrücken, im restlichen Rum auflösen, abkühlen lassen, unter die Sahne heben.

6. Den unteren Biskuitboden in den Springformrand setzen, Sahne einfüllen. Die andere Biskuithälfte in sechs Stücke schneiden, daraufsetzen, mindestens 3 Stunden abgedeckt kalt stellen.

7. Am nächsten Tag den gefüllten Biskuit aus dem Ring lösen, mit Kakaopulver bestäuben und auf eine Servierplatte setzen. Schokolade raspeln. 150 ml Sahne aufkochen. Topf vom Herd ziehen und die Raspeln darin unter Rühren auflösen. Rum zugeben. Soße warm stellen. Torte aufschneiden, mit heißer Schokoladensoße servieren.

TILL EHRLICH, 41, ist Food-Autor und war zehn Jahre lang Koch. Seine Rezepte hat er selbst entwickelt und getestet