: Die Jagd auf die Jäger
Greenpeace liefert sich mit japanischer Walfangflotte eine Schlacht im Eismeer. Hamburger Umweltschützerin berichtet von heftigen Auseinandersetzungen. Gestern endeten sie mit einem ersten Erfolg: Die Walfänger haben abgedreht
Von Sven-Michael Veit
„Die Walfänger sind auf der Flucht“, freut sich Svenja Koch, Pressesprecherin der Umweltschutzorganisation Greenpeace in Hamburg. Das sei „ein erster Erfolg“ bereits am dritten Tag der zum Teil heftigen Auseinandersetzungen zwischen einer japanischen Walfangflotte und zwei Greenpeace-Schiffen in antarktischen Gewässern. Mit dabei in dem internationalen Team von 70 Umweltschützern aus 19 Nationen ist die Hamburger Aktivistin Regine Frerichs.
Seit Mittwoch liefern sich die Greenpeace-Schiffe „Esperanza“ und „Arctic Sunrise“ mit sechs japanischen Schiffen eine „Schlacht im Eismeer“, so die Regenbogenkrieger vom St.-Pauli-Fischmarkt ungewohnt martialisch in einer Presseerklärung. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft wollen die Japaner im antarktischen Sommer fast 1.000 Zwerg- und Finnwale töten (siehe Kasten). Dabei gehen die Walfänger aus dem Fernen Osten auch mit Walschützern nicht eben zimperlich vor, wie Frerichs berichtet.
Die „Esperanza“ sei von dem Fangschiff „Kyo Maru 1“ sogar „zweimal seitlich gerammt“ worden, als sie die Heckrampe des großen Fabrikschiffes „Nisshin Maru“ blockierte. An diesem liefern die kleineren Fangschiffe die erbeuteten Wale ab, damit diese an Ort und Stelle zerteilt und ausgeschlachtet werden können.
Auch von Szenen, wie sie vom Greenpeace-Protest gegen die Versenkung der Ölplattform „Brent Spar“ 1995 in der Nordsee zu sehen waren, weiß Frerichs zu erzählen. So seien die Schlauchboote, die vor dem Bug der japanischen Fangschiffe kreuzten, mehrmals „mit enorm kräftigen Wasserkanonen beschossen“ worden. Eines der Boote habe sich dabei überschlagen, der Besatzung aber sei „außer einem ungemütlichen Bad im antarktisch kalten Wasser nichts passiert“.
Ausführlich beschreibt die Hamburgerin in ihrem Tagebuch auf www.greenpeace.de einen ihrer Einsätze: „Ich lenkte das Schlauchboot zwischen den nicht zählbaren Eisklumpen hindurch, immer an der Seite des Walfängers, die Harpune am Bug immer sichtbar ... Nachdem der Ausguck einen Wal gesichtet hat, begann ich vor dem Bug zu kreuzen, um möglichst oft einem Abschuss im Wege zu sein. Der erste Wal tauchte zwei Mal kurz vor unserem Schlauchboot auf und konnte nach Steuerbord entkommen, Was für ein Moment! Wir hatten einem Wal das Leben retten können! Ein weiterer Anlauf auf einen anderen Wal wurde nach ca. einer viertel Stunde Kreuzen vor dem Bug unterbrochen.“
Aber auch Niederlagen musste Frerichs hinnehmen: „Nach drei Stunden konzentrierten Fahrens und dem dritten Fangversuch waren wir leider einmal zu langsam ... Ein lauter dumpfer Knall ließ uns schnell erkennen, dass die Fänger steuerbords von uns in ca. 50 Meter Entfernung erfolgreich waren.“
Wie viele der geschützten und in ihrem Bestand gefährdeten Zwergwale der Fangflotte bislang zum Opfer fielen, ist nicht genau bekannt. Die Satellitenverbindung zwischen der Greenpeace-Zentrale am Hamburger Hafen und den Aktivisten im Südpolarmeer war gestern witterungsbedingt labil. Sprecherin Koch kündigte gleichwohl an, dass diese „auch über die Feiertage auf der Spur der Walfänger bleiben“ würden. Die „Esperanza“ werde die japanischen Jäger weiter jagen.
Stolz ist Koch auch auf „einen neuen Trick“, den sich Greenpeace einfallen ließ. Die Schlauchboote wurden mit langen senkrechten Rohren ausgerüstet, aus denen hohe Wasserfontänen versprüht werden. Damit sollte den Harpunieren auf den Fangschiffen die Sicht auf die Wale genommen werden. „Und das“, freut sie sich, „hat wirklich funktioniert.“