: Berlin zwischen Kiew und Moskau
Die Gasag erhöht die Preise. Gleichzeitig eskaliert der Streit zwischen Russland und der Ukraine. Ein Zufall?
Ist es ein Zufall oder nicht? Am selben Tag, an dem die Gasag ihre neuerliche Preiserhöhung von 8 bis 12 Prozent bekannt gibt, eskaliert auch der Gaskonflikt zwischen Russland und der Ukraine.
Wie andere Gasversorger auch ist die Gasag an das europäische Erdgasverbundnetz angeschlossen. Das Berliner Gas stammt damit, wie etwa ein Drittel der deutschen Gaslieferungen, aus Russland. Rund 80 Prozent der russischen Lieferungen kommen über die Pipelines in der Ukraine nach Westeuropa. Wenn Kiew nun damit droht, russisches Gas als Reaktion auf die Preiserhöhungen in Moskau abzuzapfen, dann ist damit auch Deutschland betroffen. So sieht es zumindest eine Sprecherin von Eon-Ruhrgas: „Falls der Konflikt andauert und falls der Winter sehr kalt wird, stoßen wir irgendwann an unsere Grenzen.“
Ähnlich argumentiert auch die russische Gazprom. „Die Verzögerung bei der Unterzeichnung der Verträge durch die Ukraine gefährdet die störungsfreie Versorgung europäischer Bezieher russischen Gases im Jahre 2006“, heißt es in einer Erklärung des Weltmarktführers. Hintergrund des Streits ist die Ankündigung Moskaus, Kiew solle demnächst mehr als das Fünffache des bisherigen Gaspreises für die Lieferungen aus Russland zahlen. Die Verträge über die Durchleitung russischen Erdgases nach Europa laufen Ende des Jahres aus.
Vor diesem Hintergrund wundert es auch nicht, dass der energiepolitische Sprecher der Grünen, Hans-Josef Fell, Altbundeskanzler Schröder auffordert, mäßigend in den Streit einzugreifen. „Schröder hat bei Gazprom Einflussmöglichkeiten, die er nutzen sollte“, sagte Fell dem Tagesspiegel. Schröder ist Aufsichtsratschef des russisch-deutschen Gaspipeline-Konsortiums. Die Ostseepipeline soll ab 2010 Gas unter Umgehung von Transitstaaten wie der Ukraine direkt nach Europa bringen.
Bis dahin aber ist Deutschland und mit ihm die deutsche Hauptstadt auf russisches Gas via Ukraine angewiesen. Im Januar will die Gasag ihre genaue Preiskalkulation offen legen, kündigte Gasag-Sprecher Haschker gestern an. Dann wird man vielleicht auch erfahren, wie viel Weltpolitik in den jüngsten Preiserhöhungen des Berliner Versorgers stecken. Oder wie viel Profitgier beim Berliner Monopolisten. WERA