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Archiv-Artikel

Eile, eile, Häusle baue

Weil an Neujahr die Eigenheimzulage wegfällt, geben sich Bau- und Kaufwillige bei Notaren und Ämtern die Klinke in die Hand. Trotz des Runs bleiben Immobilien vergleichsweise erschwinglich

VON HEIKE SCHMIDT

Wer kennt sie nicht, die Bauspar-Maskottchen, die Häuslebauer in spe zum Jahresende mahnen: „Jetzt schnell noch …“? Diesmal gilt es, sich über die üblichen Prämien hinaus einen weiteren dicken Batzen zu sichern: die Eigenheimzulage. Wer Wohneigentum anschaffen und noch in den Genuss dieser Subvention kommen will, muss sich sputen. Am 21. Dezember hat der Bundesrat den Wegfall der Zulage für selbst genutztes Wohneigentum zum 1. Januar 2006 besiegelt. Dieser Beschluss zeigt auch in Berlin Wirkung: Vom Makler bis zum Vermessungsingenieur berichten alle von deutlich erhöhter Aktivität auf dem privaten Immobilien- und Grundstücksmarkt.

Im Jahr 1995 wurde die Eigenheimzulage mit dem Ziel, die Eigenheimquote in Deutschland zu steigern, eingeführt. Sowohl der Kauf von selbst genutztem Wohneigentum wird gefördert als auch der Neubau eines Hauses. Sie wird acht Jahre lang in gleich bleibender Höhe gezahlt. Der Ausgangsbetrag liegt bei 1.250 Euro jährlich, hinzu kommen 800 Euro je Kind. Eine vierköpfige Familie erhält somit innerhalb des Förderzeitraums 22.800 Euro vom Finanzamt. Eine schöne Stange Geld, haben auch viele BerlinerInnen in den vergangenen Wochen erkannt. Bei den zuständigen Ämtern und Notaren, bei Architekten und Vermessungsbüros geben sie sich die Klinke in die Hand.

Besonders viele haben sich offenbar entschieden zu bauen. „Wir sind an die Grenzen des Möglichen gegangen“, sagt Diplomingenieur Bodo Weniger, Büroleiter des Friedrichshainer Vermessungsbüros Peter Schmidt. „Im Vergleich zur Jahresmitte haben wir das Fünffache zu tun.“ Die Bauämter der Bezirke hätten teils sogar „darauf verzichtet, dass der Bauantrag vollständig abgegeben wird“. Zeichnungen der Architekten hätten ausgereicht. Von den Vermessungsbüros anzufertigende amtliche Lagepläne könnten nachgereicht werden. „Wir haben bislang nur das vollständig abgearbeitet, was bis Mitte November eingegangen war“, so Weniger.

„Die Anträge werden täglich mehr, knapp vor Weihnachten und auch jetzt zwischen den Jahren“, bestätigt Ines Weber-Wolf, Leiterin des Bau- und Wohnungsaufsichtsamts in Marzahn-Hellersdorf. „Alle wollen noch das Geld.“ Die Amtsleiterin geht von einem berlinweiten Boom aus, insbesondere in ihrem Bezirk gebe es aber noch sehr viele Siedlungsgrundstücke. „Wir setzen unseren Eingangsstempel auf die Anträge, das ist das, was beim Finanzamt zählt.“ Bearbeitet werde die große Masse aber erst im neuen Jahr.

Auch wer nicht selbst bauen will, sondern eine Wohnung oder ein Haus kaufen möchte, muss die Frist für die Eigenheimzulage einhalten. Wenn der Interessent ein passendes Objekt gefunden hat, muss er den Kaufvertrag bis zum 31. Dezember beim Notar unterzeichnen. „Die Nachfrage nach selbst genutzten Objekten ist deutlich zu spüren“, sagt Notar Malte Diesselhorst. Er berichtet von einem „deutlichen Anstieg der Beurkundungszahlen“. Allerdings habe es auch in den letzten Jahren aufgrund der schwelenden Diskussion um die Eigenheimzulage am Jahresende einen „Run“ gegeben. Der Steglitzer Immobilienmakler Stefan Böker hingegen hat einen deutlicheren Anstieg als im Vorjahreszeitraum erlebt. Er habe „doppelt so viele Objekte“ wie im Dezember 2004 verkauft. Gefragt gewesen seien insbesondere Drei- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen.

Makler Anton Sanladerer aus Charlottenburg berichtet von „einigen, die es besonders eilig hatten. Da gab es sicherlich Vorzieheffekte.“ Auch Birgit Hoplitschek, Sprecherin der Wohnungsbaugenossenschaft Degewo, vermeldet „kurzfristige“ Käufe. Insbesondere Mieter, die schon länger einen Kauf erwägen, hätten sich spontan zum Erwerb von Wohneigentum entschlossen. Dieser Trend sei „in allen Objekten von Marzahn bis Steglitz“ zu beobachten.

Nach Angaben der befragten Makler war der Berliner Markt für selbst genutzte Immobilien noch im Sommer „müde“. Es dominierten institutionelle und ausländische Anleger, die hofften, aus den niedrigen Immobilienpreisen in der Hauptstadt Kapital schlagen zu können. Die Perspektive für den Markt mit Eigenheimen sei dagegen mäßig. „Eigentlich halten die Berliner sich zurück, es fehlt Kaufkraft“, sagt Notar Diesselhorst. Makler Sanladerer spricht von „Schwellenhaushalten“, die nach Wegfall der Eigenheimzulage keine Möglichkeit mehr für sich sähen, Wohneigentum zu erwerben. Vor diesem Hintergrund rechnen alle Befragten mit einem ruhigen neuen Jahr auf dem Markt für selbst genutzte Immobilien – und weiter niedrigen Preisen.