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Archiv-Artikel

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

In die Tradition des französischen Regisseurs Jacques Demy begibt sich Christophe Honoré mit seinem Musikdrama „Die Liebenden“, für das er mit Catherine Deneuve auch gleich noch eine von Demys Lieblingsschauspielerinnen gewinnen konnte. Deneuve spielt Madeleine, eine ehemalige Schuhverkäuferin und Teilzeitprostituierte, die in den 1960er Jahren (die junge Madeleine wird von der temperamentvollen Ludivine Sagnier verkörpert) mal verheiratet war. Ihr heutiger Mann ist Polizist, vom sporadisch auftauchenden Exmann kann sie aber auch nicht die Finger lassen. Chansons umspielen die Empfindungen der Protagonisten auf Streifzügen durch Paris, London und Montréal, ersetzen teilweise auch die Dialoge. Während Madeleine als heiteres Kind ihrer Zeit erscheint, ergeht es Tochter Véra (Deneuves tatsächliche Tochter Chiara Mastroianni) ganz anders: Sie muss einen unerträglichen Schnösel abservieren und verstrickt sich dann in eine vergebliche Amour fou zu einem homosexuellen, HIV-infizierten Drummer. Ein zeitgenössisches Drama, das man auch als Update der Werke von Demy verstehen kann, in denen derartige Themen allenfalls unterschwellig mitschwangen. (18. 4.–19. 4., Urania)

Zwischen Drama und Komödie bewegt sich auch Roman Polanskis „Frantic“, ein Thriller, der ausgehend von einem MacGuffin à la Hitchcock (Atombombenzünder im verwechselten Koffer) die Geschichte des amerikanischen Mediziners Dr. Walker (Harrison Ford) erzählt, dem in Paris die Gattin von einem orientalischen Geheimdienst geraubt wird. Das glaubt ihm natürlich niemand – und tatsächlich geht es auch weniger um die Konfrontation zwischen Ehemann und Kidnappern, sondern eher um jene zwischen einem amerikanischen Normalbürger und der ihm immer fremder erscheinenden Stadt Paris, was Polanski mit Gespür für die Balance von Dramatik und schwarzem Humor inszeniert. Zu sehen ist „Frantic“ bei der diesjährigen Ausgabe des Festivals Film Polska ebenso wie die Dokumentation „Roman Polanski: A Film Memoir“, die ein langes Gespräch zwischen dem Regisseur und seinem langjährigen Weggefährten, dem Produzenten Andrew Braunsberg, zeigt. Durchaus berührend, wenn Polanski von seiner Jugend und dem Alltag der Nazi-Verfolgung im jüdischen Getto erzählt oder von der Ermordung seiner Frau Sharon Tate durch die Manson-Family. Doch die Fixierung auf die Opferrolle des Regisseurs bekommt einen schalen Beigeschmack, wenn man an den Skandal von 1977 um seine Affäre mit einer 13-Jährigen und seine Flucht vor der Verurteilung in den USA denkt. (Frantic (OmU), 21. 4., Hackesche Höfe 2; Roman Polanski: A Film Memoir (OmU), 21. 4., Hackesche Höfe 2)