Schlangentanz bei Daimler

Der neue Chef Zetsche will in Deutschland weitere 8.000 Stellen streichen

FRANKFURT/M. taz ■ Mit roter E-Gitarre hat er sich für die Wirtschaftswoche fotografieren lassen. Dieter Zetsche, der am 1. Januar den Vorstandsvorsitz bei DaimlerChrysler übernimmt, ist ein Fan des Southern Rock. Der „Rattlesnake-Shake“ von Peter Green, sagen Insider aus Texas, sei sein Lieblingssong. Dennoch hoffen die Beschäftigten, dass die Klapperschlange beim angekündigten Stellenabbaus nicht tödlich zubeißen wird.

Schließlich hat Zetsche als Chef von Chrysler schon 2001 den Beschäftigten in den USA den Angstschweiß auf die Stirn getrieben. Er kündigte gleich nach seinem Amtsantritt die Streichung von 30.000 Stellen und die Schließung von sechs Werken an.

Den Personalabbau gestaltete er aber zur Überraschung der an die Hire-and-fire-Mentalität gewöhnten Beschäftigten nach deutschem Muster sozialverträglich. Deshalb hoffen auch die Arbeitnehmer in Deutschland, dass ab Januar nichts so heiß gegessen werden muss, wie es kurz vor dem Jahreswechsel im Aufsichtsrat vorgekocht wurde.

Denn nach noch nicht bestätigten Informationen aus Kreisen des Kontrollgremiums sollen bei DaimlerChrysler in Deutschland rund 8.000 weitere Stellen verloren gehen – zusätzlich zu der schon beschlossenen Streichung von 8.500 Arbeitsplätzen. Gesamtbetriebsboss Erich Klemm kündigte massiven Widerstand gegen die neuen Pläne an.

Dabei soll Zetsche ihm gegenüber bereits erklärt haben, dass man sich bei der Mercedes Car Group an die Betriebsvereinbarung halten werde: Keine betriebsbedingten Kündigungen bis 2012. Dem Betriebsrat und der IG Metall geht es allerdings grundsätzlich um den Erhalt der noch bestehenden Arbeitsplätze als Vollzeitstellen. Zetsche müsse für jeden einzelnen zusätzlich zur Disposition stehenden Arbeitsplatz belegen, dass dieser überflüssig sei.

Unternehmerisches Ziel bei DaimlerChrysler müsse es werden, „dass nicht nur die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht, sondern die Beschäftigungssicherung“. Für Zetsche aber stellt sich die Sache genau umgekehrt dar. Er will schon 2008 für den Konzern einen „Rekordgewinn“ von rund 9 Milliarden Euro einstreichen. 2004 erwirtschaftete DaimlerChrysler einen Gewinn von 5,8 Milliarden Euro. Von dem zusätzlich angekündigten Stellen sollen allein 6.000 bei Mercedes gestrichen werden.

Im Aufsichtsrat des Konzerns stimmten vor dem Weihnachtsfest nur die Vertreter der IG Metall gegen die „Personalplanung“ 2008; die vom aktuellen Stellenabbau nicht betroffenen US-amerikanischen Gewerkschaftsvertreter dagegen dafür. Keine ganz so solide Basis für einen langen Kampf um die Arbeitsplätze von DaimlerChrysler in Deutschland.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT